Der Landsitz "Energie"
Außerhalb der Hochschul- und Forschungsstandorte gibt es in
Deutschland sicherlich nur wenige Stätten, die so eng mit
Wissenschaft verbunden sind, wie der Landsitz
Energie in Großbothen.
Ostwald hatte
das Muldental auf seinen ersten Malfahrten als junger Leipziger
Professor kennen und lieben gelernt. So nimmt es nicht wunder, dass
er sich 1901 in Großbothen ansiedelte, als seine Bemühungen
erfolglos geblieben waren, außerhalb der Leipziger Universität eine
äquivalente Stelle zu finden. Das Sommerhaus einer Leipziger
Familie Findeisen steht am Anfang der nunmehr über
einhundertjährigen Geschichte des Landsitzes. Dorthin wurde im
Sommer fortan die Familie geschickt, solange der Vater wegen des
Semesterbetriebes in Leipzig gebunden war.
1906 wurde Großbothen zum alleinigen Wohnort der Familie,
von wo die Kinder ausflogen und teilweise im Lauf der Jahre wieder
zurückkamen. Ostwald
vergrößerte das Grundstück durch Zukäufe schrittweise auf etwas
über sieben Hektar, eifrig darauf bedacht, als Anlieger nach
Möglichkeit die öffentliche Hand zu bekommen. Davon versprach er
sich die geringsten nachbarlichen Schwierigkeiten, sprich
Energieverluste durch Reibung. Mit der Zeit entstanden fünf Gebäude
für wissenschaftliche und familiäre Zwecke.
Die Gestaltung des Parks, die Wege und Blumenrabatten gehen nach
Aussage seiner Tochter Grete im wesentlichen auf Ostwald zurück.
In ihrem Buch Wilhelm Ostwald-Mein Vater beschreibt sie, dass er
auch selbst zur Hacke griff und körperlich arbeitete, um seinem
wissenschaftlichen Denkapparat eine Pause zu gönnen.
Wissenschaftler aus aller Herren Länder waren zu Gast in
Großbothen. Die Post richtete einen eigenen Briefkasten ein und mit
der Aufschrift: Deutschland, Landsitz Energie hatte ein Brief gute
Chancen auf richtige Beförderung.
Es hat also durchaus seine Berechtigung, den Landsitz Energie
als gleichberechtigten Teil des ostwaldschen Nachlasses und
vielleicht auch, gemäß der aktuellen Terminologie, als
„Gesamtkunstwerk“ zu betrachten.
Im Steinbruch befindet sich die Grabstätte der Familie Ostwald.
Öffnungszeiten: Do.- Sa.: 10:00-16:00 Uhr (Stand:
22.06.2008)