Es gab in einem
großen tiefen dunklen Wald eine Osterhasenschule. Alle kleinen
Häschen besuchten sie jeden Tag und lernten Ostereier zu bemalen.
Es gab in dieser Schule viele kleine Tische, auf denen die Eier in
einer Halterung standen, damit sie nicht umgestoßen werden konnten,
denn zwischendurch tobten die Häschen wild umher. Nur eines nicht,
das saß ganz in der Ecke auf einer Kiste und schaute nur Tag für
Tag dem ganzen Treiben zu. Niemand wurde gezwungen ein Osterhase zu
werden, denn das war eine Regel der Osterhasenschule. Dieses kleine
zuschauende Hasenkind spitzte die Ohren nach allen Seiten um
irgendwie zu erfahren, woher denn die immer neuen Eier kämen.
Manchmal rief es quer durch den Raum: "Hallo Freunde, kann mir mal
einer sagen wo täglich die Eier herkommen?" Dann wieder zupfte es
jeden Einzelnen am Fell und fragte mit schriller Stimme: "Wann hast
Du dieses Ei gelegt und wo?" Dem Osterhasenoberlehrer war das nicht
recht und er schlich sichtlich nervös durch Reihen und Bänke, in
der Hoffnung, dass das kleine fragende Häschen bald verstummenmöge.
Jedes mal wenn es wieder Fragen stellte, taten alle sehr
beschäftigt, tauchten große und kleine Pinsel in bunte Farbentöpfe,
drehten die Eier hin und her, konzentrierten sich einfach nur auf
das Anmalen. "Warum malst Du nicht mit?", fragte eines Morgens ein
neuer Hasenlehrer den in der Ecke sitzenden kleinen Hasen, der wie
immer seine Ohren spitze, um doch noch irgendwie auf das
"Geheimnis" der Osterhasen zu kommen. Von seinen Eltern erfuhr es
stets, dass Hasen keine Eier legen können, sonder ganz ganz
niedliche winzige klitzekleine Häschen bekämen. Daher wurde seine
Neugierde immer größer und es dachte Tag und Nacht darüber nach,
wie es dem Geheimnis auf die Spur kommen könnte. Eines Tages hatte
es eine Idee. Es hatte bemerkt, dass alle zur gleichen
Nachmittagszeit nach Hause gehen mussten und durften auch niemals
zurückkommen, falls sie etwas vergessen hatten. So wollte es die
Schulleitung. Jeden Tag schrieb ein anderer kleiner lernender
Osterhase die Regeln mit bunter Hasenkreide an eine Tafel, die
gegenüber der Tür hing. Als das neugierige Häschen mal fragte:
"Warum müssen wir denn so pünktlich gehen und dürfen nicht noch ein
wenig bleiben oder zurückkommen?", fasste der neue Hasenlehrer ihn
bei den Ohren, hob ihn hoch und schwang ihn durch die Lüfte hin und
her. "So ergeht es jedem von Euch, der unnötige Fragen stellt, denn
Osterhasen legen seit vielen Jahrhunderten Eier und damit basta!"
Ängstlich und erschrocken hoppelten die gehorsamen Hasen schnell
nach Hause.
Nur das neugierige
Häschen nicht, denn es versteckte sich heimlich still und leise in
die Kiste in der Ecke, auf der es immer saß und nachdachte. Es war
bereits finster geworden, als knarrend die Tür aufging und ein
alter Hase mit einer Kiepe auf dem Rücken in den Raum trat. Er
stellte den Korb auf den Fußboden und packte vorsichtig die schönen
bunten Eier in die Kiepe, setzte sich anschließend in die Hocke,
schnallte sich alles auf den Rücken und machte sich schnaufend
davon. Was das neugierige Häschen da zu sehen bekam, war so
beeindruckend und spannend, dass es sich ebenfalls aus der Tür
schlich und dem alten Osterhasen nachhoppelte, aber leise und
unbemerkt. Lange schlichen sie so durch den dunklen Wald bis hin zu
einer Lichtung. In der Nähe stand ein altes Bauernhaus mit einem
angrenzenden Hühnerstall, in den der schwer schleppende Hase
verschwand. Vorsichtig schloss er die morsche Tür und stieg einige
Stufen die Hühnerleiter hinauf. Von großer Neugierde geplagt
stellte sich das Häschen draußen hoch auf die Hinterbeine und
schaute durch eine geöffnete Luke. Was es da sah, konnte es kaum
fassen. Seine sonst gespitzten Ohren klappten vor Schreck nach
unten und seine lang gestreckten Hinterbeine fingen an zu zittern.
Es sah die friedlich schlafenden Hühner, die von weißen Eiern
umgeben waren und sah aber auch, wie der alte Hase diese Eier mit
seinen mitgebrachten bunten Ostereiern vertauschte. "Also das ist
das besagte, ewige Osterhasengeheimnis", dachte das kleine Häschen
und stellte sich hinter einen dicken Holzbalken, um vom alten
Osterhasen nicht gesehen zu werden, wenn er den Hühnerstall
verlässt. "Ich hab's wieder geschafft", hörte er den Alten murmeln,
der wieder mit der neuen weißen Eierlast im dunklen Wald
verschwand.
Da das neugierige Häschen
nun aber noch nicht wusste, was mit den bunten Eiern geschah, blieb
es bis zum Morgen in seinem Versteck. Eine gekrümmte alte Frau kam
schlurfend auf den Hühnerstall zu, öffnete die Tür und holte
freudestrahlend die buntbemalten Eier aus den Nestern. "Welch eine
Freude für die vielen Kinder in unserem Land!" rief sie laut in die
Morgenlüfte, denn hören konnte sie
keiner weit und breit. Das nächste Haus war weit entfernt. Das ist
nun das "Osterhasengeheimnis". Wie immer ging das neugierige
Häschen in die Osterhasenschule und saß diesmal wissend und
gelassen auf der gewohnten Kiste in der Ecke. Es lächelte still
schmunzelnd vor sich hin und sang ein selbstgedichtetes Hasenlied. "Ich bin ein schlauer
Hase und gebe keine Ruh', denn Hasen legen nicht Eier vor Ostern
immerzu. Oho, aha, ihi - ich bin ein
schlauer Hase!" Dieses wiederholte er oft und gerne, bis der
Oberhasenlehrer, der das schon draußen hören konnte, ihm erneut die
Ohren lang zog und ihm das Lied ein für allemal verbot. Beschämt
aber nicht traurig setzte es sich still in seine Ecke. All seine
Hasenfreunde fingen auch an, ihm das Singen zu verbieten, denn sie
wollten gute Osterhasen werden und mussten daher viel lernen. Eines
Morgens stellte sich das neugierige Häschen auf die Kiste und sagte
mit fester Stimme: "Seit ich das Geheimnis der Osterhasen kenne,
hält mich nichts mehr in dieser Osterhasenschule. Ich will kein
Osterhase mehr werden, denn ich suche mir lieber eine Hasenfrau,
und die legt mir klitzekleine süße Hasenkinder ins Nest. Ich gehe
jetzt und komme auch nie mehr zurück!" Erstaunt schauten die
übrigen Hasen und der Oberhasenlehrer dem davon hüpfenden Häschen
hinterher, das nie wiederkam. Mit ihm verschwand auch das
Osterhasengeheimnis. Weil alle anderen Osterhasen es nie erfahren
konnten, verbreitete sich dieses Märchen vom "eierlegenden Osterhasen" über die ganze Erde.
Zuhause erzählte das nun wissende Häschen alles ausführlich seinen
Eltern. Sie nahmen es in den Arm , drückten und küssten den Kleinen
so heftig, dass er ganz verzottelt aussah und bestätigten ihm
erneut, dass Hasen keine Eier legen können, sondern nur die Hühner.
"Aber warum gibt es denn dieses Osterhasenmärchen?", fragte es ganz
leise und sah hinauf zu seinen Eltern. "Warum," erwiderte der Vater "weil die kleinen
Menschenkinder gerne Märchen hören und die Erwachsenen sie gerne
erzählen."
Aber glaubt mir es gibt ganz sicher Osterhaseneier, denn ich
habe eines gesehen.
Ihr glaubt mir nicht ?
Dann schaut doch selber nach...
Viel Spaß beim Suchen
Euer GEO_Fynn