An der letzten Stufe angekommen folgt den Schildern zur 'Löwenburg', und schon bald gelangt ihr an einen -sagenhaften- Ort. An diesem altersgrauen Steinaltar, den ein hohes Kreuz überragt, erzählt man sich folgende Sage :
Wie alljährlich kam die feierliche Fronleichnamsprozession aus der Stadt Gerolstein den Berg hinauf. An dem festlich geschmückten Altar wurde der letzte Segen erteilt, ehe die Gläubigen wieder zur Pfarrkirche nach Sarresdorf zurückkehrten, das kyllabwärts im Tale lag. Als der auf der Löwenburg residierende Graf die frommen Lieder und Gebete hörte, trat er mit seiner Gemahlin in das hohe Schlosstor, umgeben von seinem Gefolge. Eine Wärterin trug den kleinen Junggrafen auf dem Arm. Höhnisches Lächeln lag auf den Zügen des gräflichen Paares. Es war dem Glauben der Väter untreu geworden, lehnte die kirchlichen Gebote und Pflichten ab und führte ein gottfernes Leben. Der HERR hatte die beiden dadurch heimgesucht, dass er dem einzigen Söhnlein den Gebrauch der Glieder versagt hatte. Es konnte weder gehen noch stehen, während seine Altersgenossen auf den umliegenden Schlössern und Burgen längst in fröhlichen Kinderspielen durch Säle, Höfe und Gärten tollten. Aber gerade dieses hatte die Seelen der beiden nicht zu Gott zurückgeführt, sondern noch ärger verhärtet und mit Hader erfüllt.
So stand der Graf auch jetzt, hochmütig die Arme verschränkt, um vor dem gelähmten Kinde die betenden Untertanen und die Prozession zu verhöhnen.
Doch als die Glöckchen der Messdiener erklangen und die frommen Beter niederknieten, um den Segen zu empfangen, wurde das Kind unruhig, so dass die Amme gezwungen war, es zu Boden zu setzen. Kaum hatte es jedoch mit seinen schwachen Füßchen das harte Pflaster des Torweges berührt, da streckte sich das Körperchen hoch - das Kind stand!
Starr vor Staunen konnte die Wärterin nicht mehr verhindern, dass es eiligst, gleich einem ganz gesunden Kinde seines Alters, zu laufen begann. Wie von unsichtbarer Hand zur Seite gerückt, öffnete sich ihm durch die Knienden eine Gasse, und es lief bis zur obersten Stufe des Altares. Dort kniete es, die fromm gefalteten Händchen hoch erhoben, in dem Augenblick nieder, als der Priester die goldene Monstranz zum Segen hob.
Das gräfliche Paar war durch das offenkundige Wunder und Zeichen Gottes bis ins Tiefste erschüttert. Wie aus einem Munde sang die Menge: Großer Gott wir loben Dich! Gesenkten Hauptes reihten sich der Graf und die Gräfin mit dem ganzen Gefolge in die Prozession ein und folgten ihr betend zur Pfarrkirche in Sarresdorf. Hier gelobten sie reuig dem Priester die Rückkehr zum Väterglauben.
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