Das Sängergrab
Das alamannische Gräberfeld in Oberflacht gehört zu den bedeutendsten Funden aus der Alamannenzeit in ganz Europa. Die einzigartigen hölzernen Gegenstände, die man in den Gräbern aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts fand, geben der Wissenschaft wichtige Aufschlüsse über das Leben der Alamannen. Zur Erinnerung an diesen bedeutenden Fundplatz, speziell auch für das „Sängergrab“ wurde im Jahre 1950 vom Vorsitzenden des Männergesangsvereins Tuttlingen, Dr. Max Crämer, ein Gedenkstein gestiftet.
Nachbildung der im "Sängergrab" gefundenen Leier
Geschichtlicher Hintergrund
Erstmals entdeckt wurde das alamannische Gräberfeld zufällig im Jahre 1809, beim Lehmabstechen für eine Ziegelei, fand damals jedoch keine Bedeutung.
Wissenschaftlich bedeutende Funde gab es in den Jahren:
1846 - Fund des „Sängergrabs“ – Grab Nr. 37
In ca. 2 Meter Tiefe fand man eine hölzerne Grabkammer, das „Sängergrab“. In ihr befand sich ein Sarg, dessen Deckel mit einer doppelköpfigen, gehörnten Schlange verziert war. Im gezimmerten Sarg fand man das Skelett eines Kriegers, der „Spatha“ (zweischneidiges Langschwert), und Leier in seinem rechten Arm hielt. In der Beckengegend befand sich eine ovale Gürtelschnalle aus Bronze und ein „Sax“ (einschneidiges Kurzschwert) in einer breiten Scheide. Neben dem Sarg lag eine Lanze mit breiter Spitze. Die Leier ist eines der äußerst seltenen Funde eines Musikinstruments, zu denen es nördlich der Alpen nur wenige Vergleichsstücke gibt.
Nachbildung des "Sängergrabs" im Museum Seitingen-Oberflacht
1892 - Fund des „Wolfskriegers“ - Grab Nr. 84
Der Wolfskrieger wurde mit einem Wolfskopf auf seinem Haupt bestattet, hatte ebenfalls Waffen und auch eine Leier als Grabbeigabe. Die Funde des Wolfskriegers wurden damals in ein Museum nach Berlin gebracht. Leider wurden diese Schätze bei einem Brand während des 2. Weltkrieges vollständig vernichtet.
Systematische Grabungen gab es erst in den Jahren 1933/34. Es konnten insgesamt über 300 Gräber freigelegt werden. Leider gingen im 2. Weltkrieg die wissenschaftlichen Aufzeichnungen verloren. Erst in den 1990ern wurde von Siegwalt Schiek und Peter Paulsen eine Aufnahme der bisherigen Funde zusammengestellt und eine wissenschaftliche Bearbeitung aller Funde vorgelegt.
Ausgegraben wurden unter anderem verzierte Baumsärge, Holzbeigaben wie Eimer, Kannen und Teller, reich verzierte Möbel wie Betten, Stühle, Tische und Truhen. Es wurden auch Waffen (Schilde und Bögen) und Handwerksgeräte gefunden. Zudem wurden auch Bienenwachskerzen gefunden – die ältesten erhaltenen Wachskerzen nördlich der Alpen. Das Glanzstück der Ausgrabungen ist ohne Zweifel die in großen Teilen erhaltene Leier aus dem Sängergrab.
Einige der Grabfunde bzw. Nachbildungen werden im Museum in Seitingen-Oberflacht, Schulweg 7, ausgestellt. Das Museum ist jeweils sonntags von 13 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Weitere Teile der Ausgrabung befinden sich im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart in der archäologischen Dauerausstellung.