Merler
Dom
Die
heutige Kapelle wurde 1900 feierlich eingeweiht.
Sie ist also im Jahr 2000 genau 100 Jahre alt geworden.
Da taucht bei den heutigen Bewohnern die Frage auf, wieso in Merl
diese Kapelle steht.
Wir
müssen einige Jahrhunderte zurück blicken: Am Blindfenster
der Kapellensakristei ließ Pfr. Moers ein Steinkreuz wieder
anbringen, das uns vielleicht auf die Entstehung der ersten
Kapelle in Merl hinweist:
1707
DEN 25
STARB DER EHRBAR
MICHEL ROPRICH
ANNA MARIA
HULLENS
EHELEUT
GGDS (Gott Gebe Die Seligkeit)
Man
nimmt an, aber dazu gibt es bis jetzt keine Quelle, dass
diese "Eheleut" die Stifter oder Erbauer der ersten Merler
Kapelle waren. Diese sollen "Waldungen" besessen haben und
das Bauholz dafür gestiftet haben. "....noch vor einigen
Jahren ist durch das Roden dieser Waldfläche die Sägegrube,
worin das Holz für die Kapelle ist geschnitten worden,
geebnet worden."
Ein
Hinweis - eine Quelle? - ist hier angebracht: "Merl (Landkr.
Bonn) 23.1.1708, Vollmacht an Herrn Pfarrer in Villip.... er
möge segnen und weihen das Kapellchen im Dorf Merl einfach
und ohne Salbung.... ebenso das Glöckchen des selben
Kapellchens, das kürzlich gegossen
wurde."
Hierin wird weiter gesagt, dass es ein
"...verputzter Fachwerkbau mit geschieferten Satteldach und
achteckigem, geschieferten Dachreiter" sei.
Nicht bekannt ist, warum die Kapelle dem Hl. Erzengel Michael
geweiht wurde. Vielleicht weil der ROPRICH mit Vornamen Michel
hieß?
Diese Kapelle lag mitten in Merl; allerdings noch
nicht quer zur heutigen Godesberger
Straße.
"Die alte Kapelle war ein
primitiver Bau, der den Verhältnissen nicht mehr
genügte..."
So wurde also um 1899 die
alte Kapelle abgerissen und nach den Plänen des Architekten A.
Becker aus Bonn die neue errichtet.
„Am 10. Juni 1900 ist die Kapelle feierlich eingeweiht worden. Der
Altar wurde geschenkt von der Familie Julian von Gudenau. Am 11.
Juni wurde die erste Messe in selbiger Kapelle gehalten; und am
Feste Peter und Paul (29.06.) die neu eingeführte
Sonntagsmesse..."
Anmerkung: Am 10.Juni 1990 endete die regelmäßige
"Sonntagsmesse" für die Kapelle!
Die
Kommunionbank und das Gestühl in der Kapelle stammen auch von
der Familie von Gudenau.
Am Hl. Abend 1900 wurde das
Allerheiligste im Tabernakel eingesetzt und das "Ewige Licht“,
gestiftet von Josef Kan, (nicht mehr vorhanden) entzündet.
Am 30.12.1900 war die Einweihung des Kreuzweges (die den
Franziskanern vorbehalten war) durch P. Johannes vom Kreuzberg.
Herr Jakob Clasen hat ihn gestiftet.
Die Monstranz, ein Spiegelbild der Merler Kapelle, wurde 1910
geschenkt von den Eheleuten Josef Schmitz, früher Lehrer hier und
Frau Margaretha, geb. Zorn."
Der "Schul-Chronikschreiber" Josef Schmitz hat also offenbar in
die wohlhabende Familie Zorn in Merl
eingeheiratet.
Das
"Heilige-Familie-Bild" im Mittelfenster der Kapelle ist eine
Stiftung des Michael Zorn;
Ebenso wie das Mittelfenster "Sankt Michael" im Chor.
Das linke Fenster mit dem Hl. Aloysius und der Hl. Anna ist ein
Geschenk der Jünglinge und Jungfrauen Meris.
Im rechten Fenster sehen wir den Hl. Johannes den Täufer und die
Hl. Catharina.
Im Jahre 1908 erbaute Johannes Klais sen. auf der Empore eine
Orgel.
Außen an der Ostseite der Kapelle steht ein
Missionskreuz aus dem Jahre 1780. Daneben befindet sich ein
Gedenkstein für die in den Kriegen umgekommenen Merlerinnen
und Merler.
Eine Besonderheit für diese Gegend war die Merler
Krippe. Sie wurde in den zwanziger Jahren angeschafft und
jedes Jahr zur Weihnachtszeit aufgebaut. Ein riesiger
Prospekt wurde im Raum des Altares aufgehängt. Er zeigte die
Landschaft bei Bethlehem. Davor stand dann die Gegend um die
Krippe. Die holzgeschnitzten Figuren trugen Kleider, die
verschiedenen Tiere waren prachtvoll ausgestattet und alles
war so verteilt, dass die Krippe bis zur Kommunionbank
reichte.
Das ganze Dorf beteiligte sich an dem Aufbau und man war sehr
stolz auf diese Krippe.
Eine kleine Episode aus dem Aufbau Anfang der
sechziger Jahre: Es klingelte an der Haustür des Lehrers:
"Frau Lehrer, können wir Ihre Wäscheleine haben?" - "Wozu?" -
"Wir brauchen die zum Aufhängen für den Engel!" - "Für
welchen Engel?" - "Den über der Krippe! Frau Sch. hat das
immer getan!" - " Ich bin nicht Frau Sch. und außerdem hängt
Kinderwäsche an unser Wäscheleine."
Na, der Engel hing dann doch an einer Wäscheleine über der
Krippe!
Aus der nahen und fernen Nachbarschaft kamen viele Besucher und
bestaunten "unsere Merler Krippe" mit dem Nickemännchen. Seit über
einem Jahrzehnt ist dieses Ereignis leider
verschwunden!
Nach dieser Aufzählung, wie es zum Bau und wie es
zum Gebrauch unserer Kapelle kam, soll nun gesagt werden,
welche Bedeutung dieser Mittelpunkt im Dorf hatte und noch
immer hat:
Für die Merler ist die
Kapelle die Heimat im Dorf. Es war selbstverständlich, dass jung
und alt die Heilige Messe besuchte, dass man zu den Andachten ging,
dass alle an den Feldprozessionen teilnahmen, dass man zur
"Totenwache" kam. Der Innenraum war, der Jahreszeit entsprechend,
mit Feldblumen schön geschmückt.
Wenn das Glöckchen morgens, mittags und abends läutete, dann
fühlte man sich zu Hause.
Unter Pastor Heisterkamp erlebte ich den Brauch,
dass nach der donnerstäglichen Schulmesse zu einer Merler
Familie "Kaffeetrinken" gegangen wurde. Mit dabei war auch
unsere Schwester Anastasia, die ja das Harmonium spielte. Die
Messdiener hatten zuvor -in strenger Reihenfolge, ob
katholisch oder evangelisch, arm oder nicht arm spielte keine
Rolle- uns angemeldet. Und alle tischten reichlich auf. „So
lernen wir uns kennen und verstehen einander besser," sagte
Herr Heisterkamp. Recht hatte er!
Sicherlich können "Altmerler" -welch ein Wort!- noch einiges aus
dem Leben um die und mit der Kapelle
berichten!
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie in den
sechziger Jahren renoviert; später ließ Pfr. Sulk das Innere
und die Fenster nochmals gründlich
erneuern.
Im Jahr 1964 fand die letzte
Volksmission statt; ein Dorfereignis: Patres, die das Volk zu
"missionieren" hatten, wohnten eine Woche lang im Dorf. Jeden Tag,
frühmorgens, wurde ein Messe mit einer entsprechenden Predigt
gehalten, dann gab es einen Religionsunterricht der Volksmission
für alle Schulkinder und abends war eine Andacht mit
Predigt.
Wir
haben seit 1990 eine wunderschöne, auch wieder von der Fa.
Klais erbaute Orgel, die sich gut mit der Akustik des Raumes
verträgt und schon zu vorzüglichen Orgel- und Vokalkonzerten
erklingen konnte.
Die Feste und Feiern des Dorfes begannen immer mit einem
Gottesdienst in der Kapelle. Und weil es damals "nur" die
Volksschule gab, in die alle Kinder des Dorfes bis zum 14.
Lebensjahr gingen, erhielten sich die gewachsenen Traditionen des
Dorfes um die Merler Kapelle über
Generationen.
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