Fünf Mal am Tag hören
die Einwohner in Wünsdorf vom 25 Meter hohen Minarett den Muezzin,
wenn er die Menschen zum Gebet ruft. Nicht heute, sondern im Herbst
1914. Also bereits vor fast 95 Jahren.
Kurz nach
Beginn des Ersten Weltkriegs wurden in dem kleinen märkischen Ort
Wünsdorf die ersten Kriegsgefangenen interniert. Afrikaner aus den
französischen Kolonien, Inder aus dem ehemaligen Commonwealth und
muslimische Tataren und Georgier. Sie alle kamen in die so
genannten Halbmondlager nach Wünsdorf. Wie der Name es schon sagt,
waren die Baracken in dem Lager halbmondförmig angelegt. Im Zentrum
stand die Moschee. Die erste Deutschlands überhaupt. In nur
fünfwöchiger Bauzeit errichtet.
Auf dem
ehemaligen Dorffriedhof von Zehrensdorf (5 km östlich von Wünsdorf)
befinden sich die Gräber von hunderten muslimischen Toten.
Errichtet vom deutschen Kriegsministerium. Auf Seiten der
Alliierten kämpften im ersten Weltkrieg mehrere tausende Muslime.
Viele von ihnen gerieten im Verlauf des Krieges in deutsche
Kriegsgefangenschaft. Hunderte starben später während der
Inhaftierung in Wünsdorf, auch an den ungewohnten klimatischen
Bedingungen.
Das kleine Bauerndorf
Zehrensdorf mit nur 140 Einwohnern lag einst mitten im
Militärbezirk und musste dem Truppenübungsplatz weichen. Im Jahr
1911 wurde es evakuiert, die Bevölkerung umgesiedelt und
entschädigt.
Etwas abseits auf einem
Hügel befand sich der Dorffriedhof Zehrensdorf. Die Grundmauern der
Friedhofskapelle, einige Grabstellen und Steine sind noch zu
erkennen.
Hindus und
Sikhs, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden, haben auf dem
Zehrensdorfer Friedhof eigene Gräber und ein eigenes Ehrenmal.
Höchstpersönlich betreut vom englischen Königshaus, und der War
Graves Commission des Commonwealth.
Von 1945
bis 1994 war Wünsdorf einschließlich Umland rein russisches Gebiet.
Hier war das Oberkommando der Weststreitkräfte der Roten Armee
beheimatet. Obwohl viele russische Menschen hier bestattet sind,
ließen die Sowjets den ersten muslimischen Friedhof Deutschlands
total verfallen und der Vergessenheit anheim
fallen.
1995 wurde
dieser einzigartige interkonfessionelle Friedhof unter
Denkmalschutz gestellt. Der Bund gab für die Sanierung mit 300.000
€ aus, eine ähnlich Summe kam vom englischen
Königshaus.