Wir befinden uns in einem langen Flur. Die Wände sind strahlend
weiß und bilden damit einen Kontrast zum grauen, leicht fleckigen
Fußboden. Rechts und Links gehen vereinzelt Türen ab. An der Decke
flackern die Neonröhren. Die sterile Atmosphäre wird durch den
strengen Geruch nach Desinfektionsmittel noch verstärkt. Auf den
harten klapprigen Hockern kauern wir schon seit einer halben
Stunde. Das was uns bevorsteht erzeugt ein ungutes Gefühl in der
Magengegend. Dieser drückende Schmerz gepaart mit gespanntem
Kribbeln. Und so schwebte eine Fragen, einem Damoklesschwert
gleich, über uns: „Warum haben wir uns eigentlich darauf
eingelassen?“. Zufällig schauen wir beide nach oben, auf der
Suche nach dem Schwert oder nach Hilfe? Klare Gedanken lassen sich
in so einem Moment nur schwer fassen. Aber wir sind ja nicht
alleine. Zu zweit werden wir das schon durchstehen.
Die Tür vor uns öffnet sich mit einem leisen Knarren und eine
freundliche Dame bittet uns herein. Ihr makellos weißer Kittel
lässt ein Fünkchen Hoffnung aufkeimen: „So schlimm wird es
wohl nicht.“. Die mit türkisenen Kacheln versehenen Wände und
der geflieste Boden geben dem Raum den Charme eines kleinen
Schwimmbades aus den Achtzigern. Quer vor uns in der Mitte stehen
vier Tische aus Metall mit darüber montierten, schwenkbaren Lampen.
Auf dem zweiten von links liegt das Objekt des zweifelbehafteten
Interesses unter einem weißen Laken verborgen. Alles wirkt sauber
und porentief rein. Langsam schleicht sich der beißende Geruch nach
Formaldehyd in unsere Nasen und vermischt sich mit dem
Desinfektionsmittel zu einer Kombination, die einen unwillkürlich
schlucken lässt. Wir stellen uns gegenüber unserer Führerin durch
die menschliche Anatomie. Die Gerätschaften am Kopfende lassen das
Kommende erahnen. Nach einer kurzen Erklärung über die Umstände des
Ablebens unseres Anschauungssubjektes, zieht sich unsere
Begleiterin die Untersuchungshandschuhe an und das Laken beiseite.
Sie nimmt ein glänzendes Skalpell in die rechte Hand. Die Haut
dellt sich kaum ein, bevor die scharfe Klinge…
Es ist ein interessantes Gefühl, wenn das Blut versucht, das
Gehirn in Richtung Füße zu verlassen. Als erstes wird es angenehm
warm, besonders an den Ohrläppchen, danach verengt sich das
Blickfeld und die Stimmen um einen herum werden dumpfer. Jetzt
beginnt der Kampf Kreislauf gegen Willen, vegetatives Nervensystem
gegen Neugier. Es ist schwierig zu beurteilen, wie lange das
Gefecht gedauert hat, aber der Kopf gewinnt und die notwendige
Sauerstoffversorgung wird wieder hergestellt. Einen Augenblick
später kann ich wieder den Blick auf die anatomischen Strukturen
und die Ohren auf die Erklärungen richten.
Während ich den Erläuterungen lausche, kommen meinem
Unterbewusstsein Wortbestandteile der menschlichen Anatomie seltsam
bekannt vor. Sie erinnern an einen anderen Körper und zwar an den
Körper der
ganzen Zahlen. Ein Blick in deine Richtung verrät mir, dass es
dir genau so ergeht. Und so machen wir uns daran, die anatomischen
Strukturen zu benennen und die dort versteckten Zahlen zu
finden.
A = Nerv für Zunge und Rachen
B = Muskel vom unteren Viertel der Ulnarvorderfläche zum unteren
Viertel der Radiusvorderfläche
C = Meninges: Paariger Gefäßzottenwulst, der bis in die beiden
Arperturae lateralis hineinreicht
D = Muskel zwischen der 12. Rippe und dem Darmbeinkamm
E = Auris: Vorn oben gelegene Grube, die von den beiden Crura
antihelicis eingefasst wird
F = Kleinhirnbrückenwinkel
G = Peritonealfalte am linken Ende des Ligamentum coronarium
hepatis
H = Meniges: Dünne Platte aus Pia mater zwischen re. und li. Taenia
thalami
J = Auris: In der unteren Hälfte der Basalwindung gelegene
Knochenleiste
K = Muskel zwischen Tuberositas radii und dem
Ellenbogengelenk
Um den Vorteil der Mediziner zu relativieren, muss auch noch
gerechnet werden. Der Finalort eignet sich wunderbar, um zu
entspannen und in sich zu gehen – in der kalten Jahreszeit
empfiehlt sich eine Sitzunterlage.
Die obigen Koordinaten geben nicht den Standort des Caches
wieder. Dort befand sich der Operationsbereich des Allgemeinen
Krankenhauses Bergedorf, welches von 2000 bis 2004 mit dem
Evangelischen Krankenhaus Bethesda zusammengelegt wurde (http://www.klinik-bergedorf.de/). An diesem Ort konnte
ich während eines Praktikums die menschliche Anatomie von innen
betrachten.
Finalkoordinaten:
N 53° 28, [A] [B + C] [D + E]’
E 10° 14, [F] [G + H - J] [K]’
Für die ersten drei Finder gibt es jeweils eine Urkunde im
Cache. Als besonderer Anreiz erwartet den ersten Finder ein
manuelles Blutdruckmessgerät inklusive Stethoskop.