Aline Söther
Aline Söther war keine Widerstandskämpferin mit einer Waffe in der Hand. Sie entzog sich der nationalsozialistischen Rassenideologie, dem Verständnis von „Herrenrasse” und „Untermenschen”, scherte sich nicht um die NS-Moral und deren „Rasse gesetze”.
Aline Söther wurde am 10. September 1923 in Beckingen geboren. Gestorben ist sie Ende April 1945 mit gerade 21 Jahren im KZ Ravensbrück, kurz bevor die Rote Armee das Lager befreite.
Wie kam es dazu? 1940 zog Aline Söther mit ihrer Familie von Beckingen nach Vigy-Altroff in dem Département Moselle, da ihr Vater Johann Söther, ein Bergmann und seit 1923 KPD-Mitglied, dorthin dienstverpflichtet wurde. Aline Söther half auf einem Bauernhof, lernte dort den polnischen Kriegsgefangenen und Elektriker Myrtek Stamovitsch kennen. Sie verliebten sich.
Um der „volkstumspolitischen Gefahren” Herr zu werden, erwirkte Himmler im September 1939 eine Anordnung Hitlers, nach der „ein Kriegsgefangener, der sich mit einer deutschen Frau oder einem deutschen Mädel eingelassen hat, erschossen wird und daß die Frau bzw. das Mädel in irgendeiner Form öffentlich angeprangert werden soll und zwar durch Abschneiden der Haare und Unterbringung in einem Konzentrationslager”. Zusätzlich verpflichteten die Nazis die Bauern zur Kenntnisnahme eines Flugblattes mit dem Titel „Wie verhalten wir uns gegenüber den Polen?”, was mit einer Unterschrift bestätigt werden musste.
In dem Flugblatt heißt es: „Haltet das deutsche Blut rein! Das gilt für Männer wie für Frauen! So wie es als größte Schande gilt, Aline Söther und Myrtek Stamovitsch liebten sich. Als die Frucht ihrer Liebe unübersehbar wurde, verzweifelte der junge Mann und warf sich am 5. April 1943 vor einen Zug. Aline Söther war im 5. Monat schwanger. Am 23.8.1943 wurde die Tochter Rita geboren. Aline Söther kann sich noch ein halbes Jahr um ihre Tochter kümmern, danach bekommt sie eine Vorladung zum Bürgermeisteramt, „zwecks Vormundschaft”.
Sie kommt von diesem Termin nie wieder zurück. Sie wird über Metz ins KZ Ravensbrück gebracht, wo sie kurz vor der Befreiung stirbt. Das Gericht setzte später den 8.5.1945, den Tag der Kapitulation Deutschlands, als Todestag fest. Aline Söthers Eltern kümmerten sich um ihr Enkelkind.
Es hieß lange „In Beckingen erinnert nichts an Aline Söther”. 70 Jahre nach ihrem Tod weihte die Gemeinde Beckingen auf Initiative des stellvertretenden Ortsvorstehers Elmar Seiwert 2015 den Aline-Söther-Platz und eine Informationstafel in der Talstraße ein. Die Broschüre "Gegen das Vergessen" gab dazu den Anstoß. Claudia Marchand, die Enkelin der Namensgeberin, war bei der Einweihnug des Platzes anwesend.