
Die kleine Drossel und der Kuhfladen
An einem kalten Herbsttag, als Tausende von Vögeln in Richtung
Süden flogen, um dem Eis und dem Schnee des Winters zu entfliehen,
beschloss eine kleine Drossel, nicht mitzufliegen. ‘Das ist
ja nur Zeitverschwendung’, überlegte sie sich. ‘Im
nächsten Frühjahr muss ich den ganzen weiten Weg wieder
zurückfliegen.’
Doch bald brach eine besonders strenge Kälteperiode über das
Land herein, und dem kleinen Vogel wurde klar, dass ihm nichts
anderes übrigbleiben würde, als doch wegzufliegen. Er flatterte in
den Himmel hinein; doch bald umhüllte ihn eisige Luft, seine
kleinen Flügel erstarrten, und er stürzte zu Boden. Zum Glück
landete sein fast schon lebloser Körper in einem grossen Heuhaufen
und rollte dann auf den harten Boden einer Kuhweide.
Gerade als das fast schon erfrorene Herz der kleinen Drossel
aufhören wollte zu schlagen, kam zufällig eine der Kühe vorbei und
liess direkt auf den kleinen Vogel einen dampfenden Kuhfladen
fallen. Der warme Mist hüllte den Vogel ein und rettete ihm das
Leben; sein kleines Herz begann wieder kräftig zu pochen, und seine
gefrorenen Flügel tauten auf. Die Drossel freute sich, dass sie
noch am Leben war und begann ein schönes Lied vor sich hin zu
zwitschern.
Das Schicksal wollte es, dass dadurch die Katze des Bauern auf
den Vogel aufmerksam wurde. Auf Samtpfoten schlich sie hinüber,
untersuchte den Kuhfladen, entdeckte den kleinen Vogel und frass
ihn.
Aus dieser Geschichte können wir zweierlei lernen:
1. Nicht jeder, der dich mit Mist bewirft, muss deshalb gleich
dein Feind sein.
2. Nicht jeder, der dich aus einer misslichen Lage befreit, ist
deshalb gleich dein Freund.
(Dan Millman)
Einfach ausgedrückt:
1. Nicht jeder, der dich anscheißt, ist dein Feind.
2. Nicht jeder, der dich aus der Scheiße holt, ist dein
Freund.
3. Wenn du in der Scheiße sitzt, halte gefälligst deinen
Schnabel.