Rollsdorf 3mal klingeln

Genaugenommen handelt es sich um die Rollsdorfer Höhe und das Klingeln bezieht sich auf den Gedenkstein vor Ort. Dazu begeben wir uns auf eine Zeitreise ins Jahr 1956. Es ist der 11. Juli, ein wolkenverhangener Sommertag. In Halle an der Saale bereiten sich 95 Radrennfahrer auf die sechste Etappe der achten DDR-Rundfahrt vor. Tags zuvor wurde eine Rennpause eingelegt und heute sollen nun die 172 Kilometer nach Gotha bewältigt werden. Am Platz der OdF/Hansering werden um 12.30 Uhr mit einem Ehrenstart die 19 Mannschaften von tausenden Zuschauern verabschiedet.

In der Mansfelder Straße erfolgt dann der offizielle Start und es führt in Richtung Seeburg. Mit zügigem Tempo geht es aus der Stadt, alle Ausreißversuche einzelner Rennfahrer auf den ersten Kilometern bleiben erfolglos. So ist das Feld nach 16 Kilometern und kurz vor Rollsdorf noch dicht geschlossen, als es leicht bergab geht und sich der verhängnisvolle Massensturz ereignet. Mitten auf der Straße liegen mit einem Male etwa 15 Fahrer. Auch Erich Schulz, von der BSG Post Berlin, ist darunter. Er ist mit seinen 42 Jahren der Altmeister unter den Teilnehmern und gewann bereits die erste Etappe. Alle gestürzten Fahrer können das Rennen fortsetzen, nur Erich Schulz ist so schwer mit dem Kopf auf das harte Steinpflaster geschlagen, dass er noch vor Ort verstirbt.

An dieser Stelle ist Erich Schulz ein Gedenkstein gewidmet. Alle Radrennfahrer klingeln heute noch 3mal im Vorbeifahren zum Gedenken. Von meinem Großonkel Emil Reinicke erfuhr ich am Gedenkstein von diesem Ritual. Wir beide waren per Rennrad unterwegs und Onkel Emil schon 80 Jahre. Und er ist damals bereits mit Erich Schulz gemeinsam Rennen gefahren...