1897 existierten in Neu-Isenburg 76 Wäschereien - bei wenig mehr als 700 Gebäuden in der Stadt. D.h.: in etwa jedem 9. Gebäude wurde eine Wäscherei betrieben. Die Zahl der Wäschereien wuchs bis zur Jahrhundertwende weiter an. In einem Adressbuch für das Jahr 1900 sind 103 Wäschereien verzeichnet. Man nannte Neu-Isenburg auch die "Waschküche" Frankfurts. Der Beruf der Wäscherinnen und Büglerinnen war ein Lehrberuf. Die Lehrzeit war aber weniger eine Phase der Ausbildung, sondern eher eine Zeit der Ausbeutung.
In den Neu-Isenburger Wäschereien waren fast ausschließlich Frauen beschäftigt - 1897 insgesamt 208. 1905 arbeiteten im Wäschereihandwerk 182 Arbeiterinnen, 17 Lehrmädchen und nur 2 männliche Arbeiter. Die Wäscherinnen leisteten schwere körperliche Arbeit, denn 1897 erleichterten weder Wasserleitungen noch Maschinen ihr Handwerk. Die Arbeit in den Wäschereibetrieben umfasste das Waschen, das Bleichen und das Bügeln der Wäsche. Viele der Frauen arbeiteten zugleich als Wäscherinnen und als Büglerinnen. Die Wäsche wurde bei den Kunden abgeholt oder von Fuhrleuten angeliefert. In der Wäscherei weichten die Arbeiterinnen sie dann zunächst in großen Wannen ein. Das dazu nötige Wasser transportierten die Lehrmädchen in Bottichen auf Schubkarren herbei. Anschließend wurde die nasse und deshalb besonders schwere Wäsche in die Waschkessel gewuchtet und gekocht. Dabei bewegten die Waschfrauen sie ständig mit großen hölzernen "Löffeln", bearbeiteten sie auf Waschbrettern, spülten und brachten sie zum Bleichen auf die Wiesen. Hier mussten die ausgebreiteten Wäschestücke durch Begießen feucht gehalten und immer wieder gewendet werden. Bis die Wäsche gewaschen und getrocknet war, vergingen je nach Jahreszeit zwei bis drei Tage. Nun musste sie noch gestärkt, gebügelt und in Körbe gepackt werden, bevor sie schließlich auf Handwagen oder durch Fuhrleute zu den Kunden zurückgebracht wurde.
Der Arbeitstag war lang, und es war keine Seltenheit, daß bis in die Nacht gearbeitet wurde. Da es keine festgelegte Arbeitszeiten gab, wurden Überstunden nicht bezahlt. Üblich waren Arbeitszeiten von 13 - 14 Stunden, für die die Wäscherinnen 1,20 Mark bis 1,30 Mark am Tag erhielten. Gegen die beschriebenen harten Arbeitsbedingungen und gegen die miserable Vergütung ihrer Arbeit formierte sich seit dem Frühsommer 1896 der Widerstand der Neu-Isenburger Wäscherinnen und Büglerinnen. Beachtlicher Mut und die Verzweiflung existentieller Notlage kennzeichnen die Vorgehensweise dieser Frauen, die keinerlei politische Vertretung besitzen durften. Nach dem Scheitern der Achtundvierzigerrevolution war es Frauen in fast allen deutschen Ländern gesetzlich verboten worden, sich in Vereinen mit politischen Zielsetzungen zu organisieren. Sie durften nicht einmal an Versammlungen politischer Vereine teilnehmen.
... und wie es denn noch zum Streik kam, die ganze Geschichte hier
Mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung (Quelle: Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur Neu-Isenburg (GHK) e.V.)
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