Inmitten der Stadt auf einem kleinen Basalthügel erhebt sich die Evangelische Stadtkirche. Sie überragt das „Dörfchen“, die alten und neuen Häuser der nächsten Umgebung und somit die ganze Stadt und gibt ihr nach dem Standtort „Kirche im Hain“ den Namen Kirchhain.
Vermutungen, dass bereits zur Zeit des Bonifatius, des „Apostels der Deutschen“, eine Kirche an dieser Stelle errichtet wurde, konnten bislang nicht bestätigt werden. Erste Nachweise aus dem Jahr 1238 lassen den Schluss zu, dass schon früher dort eine kleine romantische Kirche stand. Seitdem gilt St. Michael als Schutzpatron der Kirche. Pläne für ein Karmeliter-Kloster an dieser Stelle gelangten im späten Mittelalter nicht zur Ausführung.
Auf dem Grund der zuvor hier an diesem Platz gestandenen Kirche wurde nach 1363 eine Hallenkirche mit hohem Gewölbe errichtet, in ihren Abmessungen etwa dem heutigen Gotteshaus entsprechend. Diese ursprünglich dreischiffige Kirche wurde im 30jährigen Krieg verschiedene Male erheblich beschädigt und brannte im Jahr 1646 völlig aus. Danach wurden in den Jahren 1666 bis 1669 die Pfeiler herausgenommen und anstelle des Gewölbes eine Balkendecke eingezogen. Dabei hat man leider auch Pfosten und Maßwerk der Spitzbogenfenster zerstört oder zugemauert.
Gleichzeitig wurde eine Reparatur der vorhandenen Orgel in größerem Umfang notwendig. Fast hundert Jahre später baute Johann Andreas Heinemann aus Laubach eine neue Orgel ein.
Der Turm der Kirche stammt aus dem 15. Jahrhundert. Er wurde immer wieder vom Blitzschlag getroffen. So im Jahr 1506, wovon eine Inschrift im Turm zeugt. Den oberen Teil des Turms zerstörte 1555 ein großer Brand. 1582 wurde der achteckige Oberbau mit der Haube – niedriger als zuvor – und die Turmgalerie aus Buntsandstein errichtet. Nach Blitzschäden waren Reparaturen nötig in den Jahren 1897 und 1926. Eine gründliche Sanierung erfolgte 1987.
Die Stadtkirche wurde zu Anfang und gegen Mitte des 19. Jahrhunderts im Inneren renoviert. Einschneidende Änderungen sind in den Jahren 1929/30 vorgenommen worden. In dieser Zeit wurde der Chor angebaut und die Stadtkirche innen entsprechend der Auffassung jener Zeit im „Zackenstil des dekorativen Spätexpressionismus“ neu gestaltet. Verantwortlicher Architekt war Hubert Lütcke (1887–1963), der in den Jahren 1926/27 auch das Marburger Universitätsmuseum baute.
Das Innere der Stadtkirche lädt ein zur Meditation. Gedecktes Blau und Braun abgesetzt herrscht beim Gestühl der Kirche vor. Die Seitenornamente der Bänke sind grau und cremefarben. Dominierend ist die leuchtend rote mit gold und blau quergestreifte Decke. Die frei herabhängenden Kronleuchter geben ein angenehm gedämpftes Licht. Lebendig wird der ganze Raum durch die Sonnenstrahlen, die durch die verschiedenfarbigen Fenster dringen. Hochaufragend im Mittelpunkt des Blickfelds steht das goldfarbene Altarkreuz, dahinter das von Christel Kuball-Hamburg gestaltete Fenster im Chorraum: Eine farbenprächtige Darstellung des Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern, nach einem Entwurf von Hans Groß. Die Emporen zeigen die Zackenornamentik. Ebenso die Sakristei und die hohe Kanzel, an der sich die Farben der Decke und die des Gestühls wiederholen.
Die Felder der Westempore sind mit Apostel-Bildern aus dem 18. Jahrhundert ausgemalt. Breit und wuchtig erhebt sich darüber der Orgel-Prospekt von 1751-52.
Der Taufstein aus rotem Sandstein stammt aus dem 15. Jahrhundert. Sein Fuß ist mit Rankenwerk und Vogelklauen verziert. Moderner Herkunft sind Taufbecken und –deckel. In die Sandsteinwände der Stadtkirche innen und außen sind Grabdenkmäler aus Sandstein eingelassen. Sie datieren aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert. Etwa aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt das ansehnliche Renaissance-Portal am nördlichen Treppenanbau.
Das Äußere der Stadtkirche zieren am Chor zwei Engel mit Schildern und einige eingemauerte Schlusssteine etwa aus dem Jahr 1500.
Obwohl in Kriegszeiten Glocken zu anderer Verwendung immer wieder eingeschmolzen wurden, konnte das Geläut der Stadtkirche stets – zuletzt im Jahr 1951 – vervollständigt werden.
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