#15 Feuermännchen

Irrlicht – Irrwisch

In dunklen Nächten kann man gespenstische Lichter zwischen den Bäumen sehen, die von einer Sekunde auf die nächste ihre Form oder Farbe ändern und auch blitzschnell den Ort wechseln. Mit etwas Glück erkennt man abgesehen von dem Licht einen kleinen Wicht in grauen oder grünen Kleidern.

Das Feuermännchen, auch Irrlicht genannt, ist dem Volksglauben nach der unerlöste Geist eines Verstorbenen, der sich zu Lebzeiten Grund und Boden eines Nachbarn angeeignet hat, indem er die Grenzsteine zwischen den Grundstücken versetzt hat. Zur Strafe findet er keinen Seelenfrieden, sondern ist verdammt, auf ewig an der unrechtmäßig gezogenen Grenzlinie auf und ab zu laufen. Ist man dem Feuermännchen nahe genug, so kann man es murmeln hören: „Hier ist Recht, hier Unrecht“, wenn es an den Grenzsteinen vorbeikommt. Folgt ein Mensch dem Feuermännchen und setzt die „unrechten“ Grenzsteine an ihre ursprüngliche Stelle zurück, so findet der Geist des Verstorbenen endlich Frieden.

Das Feuermännchen verwirrt die Menschen manchmal aus purer Boshaftigkeit, damit sie vom Weg abkommen. Im schlimmsten Fall lockt er sie mit seinem Licht in Moore oder Sümpfe, wo sie ertrinken. Aber wenn ein Verirrter freundlich zu dem Feuermännchen ist, hilft es ihm auch schon mal, wieder nach Hause zu finden. Bietet das Irrlicht einem seine Hilfe an, ist es geboten, höflich zu ihm zu sein und ihm in jedem Fall eine Belohnung für seine Mühe zu geben. Denn bekommt es diese nicht, kann es sehr zornig werden: Es kann den Undank mit einer ordentlichen Backpfeife vergelten oder dem Betreffenden so den Sinn verwirren, dass er nie mehr nach Hause findet, selbst wenn er nur einen Meter vor seiner Tür steht. Krempelt man allerdings ein Kleidungsstück von innen nach außen, ist der Bann gebrochen.