Vor vielen Jahrhunderten, als der Gumpinger Weg noch kaum mehr war als ein schlammiger Pfad, stand dort ein einzelner, uralter Apfelbaum. Niemand wusste, wer ihn gepflanzt hatte. Manche sagten, die Römer hätten ihn hinterlassen, andere flüsterten, ein Mönch habe ihn aus einem verbotenen Klostergarten getragen.
Doch dieser Baum war anders als alle anderen. Seine Äpfel wuchsen nicht in greifbarer Nähe, sondern nur ganz oben in der Krone, acht Meter über dem Boden. Rot wie Glas und glänzend wie Edelsteine leuchteten sie im Sonnenlicht.
Viele Männer hatten versucht, die Äpfel zu pflücken. Sie stellten Leitern auf, banden Seile, kletterten an den Ästen empor. Doch jedes Mal, wenn einer die Hand nach den Früchten ausstreckte, bebte der Baum, als würde er selbst den Eindringling abschütteln. Einige stürzten und verletzten sich, andere rannten davon, erschrocken über das seltsame Knurren, das man manchmal aus dem Stamm hörte.
Die Sage erzählt von einem Bauer aus Gumpingen, der drei solcher Äpfel erlangen wollte. Als er die erste Frucht berührte, begann sie zu flüstern, beim zweiten wurde der Himmel dunkel, und beim dritten brach ein Sturm los, der den ganzen Weg verwüstete. Der Bauer verschwand spurlos – nur sein alter Filzhut hing am nächsten Morgen hoch oben im Geäst.
Seit jener Nacht warnen die Alten ihre Kinder:
„Steigt niemals hinauf in den Baum am Gumpinger Weg. Die Äpfel gehören nicht uns – und wer sie dennoch begehrt, wird nicht wieder herunterkommen.“