Die Künstlerkolonie entstand zwischen 1927 und 1930 auf
Initiative der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA)
und des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller. Ziel der
Koloniegründung war auch für sozial nicht abgesicherte Künstler und
Schriftsteller preiswerten und komfortablen Wohnraum zur Verfügung
zu stellen. Der Volksmund erfand für die Siedlung den Namen
„Hungerburg“.[1]
Die Anlage wurde in den Jahren 1924 bis 1927 geplant und
zwischen 1927 und 1930 erbaut. Sie wurde zu 75 % von der GDBA
und zu 25 % vom Schutzverband deutscher Schriftsteller
finanziert. Sie gründeten für die Errichtung der Siedlung die
Gemeinnützige Heimstätten-Gesellschaft mbH
„Künstlerkolonie“ (heute GEHAG).
Die Wohnblocks der Künstlerkolonie entstanden im Rahmen des
städteplanerischen Konzepts der „Gartenstadt“, das
schon vor dem Ersten Weltkrieg entstanden und 1911 bis 1915 um den
Rüdesheimer Platz herum realisiert worden war. Dieses
Siedlungskonzept stellte mit dem Verzicht der Hofbebauung eine
bewusste Alternative zu den „Mietskasernen“ dar. Die
drei Wohnblocks der Künstlerkolonie wurden entworfen von den
Architekten Ernst und Günther Paulus. Ein vierter Wohnblock vom
Steinrückweg zum Breitenbachplatz war zwar seit 1931 geplant, der
Bau wurde aber vom nationalsozialistischen Regime unterbunden.
Im Zentrum der Wohnanlage wurde ein großer Platz
(Ludwig-Barnay-Platz, ehemals Laubenheimer Platz) als
Kommunikationszentrum vorgesehen. Auch die Gestaltung der
Block-Innenbereiche sollte die Begegnung der Bewohner erleichtern
und fördern.
Nach der Machtergreifung 1933 wurde das Leben für die Bewohner
der Künstlerkolonie immer gefährlicher. Erstmals im Februar 1933
kam es zu überfallartigen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durch
die SA, die sich als „Hilfspolizei“ oder
„Schutzpolizei“ ausgab. Knapp drei Wochen nach dem
Reichstagsbrand, in dessen Folge die Nationalsozialisten die
Grundrechte der Weimarer Verfassung mit der
Reichstagsbrandverordnung außer Kraft setzten, kam es dann am
15. März 1933 zu einer großangelegten Duchsuchungs- und
Verhaftungsaktion in der Künstlerkolonie.
Lange Zeit nach den Zweiten Weltkrieg blieb das schwere
Schicksal der zahlreichen Bewohner der Künstlerkolonie
„unsichtbar“. Erst in den 1980er Jahren wurde begonnen
Gedenktafeln zu montieren (teilweise aus der Reihe Berliner
Gedenktafel) und 1988 ein MAHNMAL, FÜR DIE POLITISCH VERFOLGTEN DER
KÜNSTLERKOLONIE auf dem Ludwig-Barnay-Platz aufgestellt.
Erst 1952 ging die Künstlerkolonie, die 1933 der
Reichskulturkammer zugeordnet wurde, zurück in den Besitz der
GEHAG. Nach 1952 errichtete diese zwischen Steinrückweg und
Breitenbachplatz, auf der ehemaligen Erweiterungsfläche der
Künstlerkolonie für einen vierten Wohnblock, „moderne“
Neubauten. Diese verfolgten jedoch nicht den ursprünglichen Bauplan
und können den Gemeinschaftsgeist der Kolonie architektonisch nicht
mehr zum Ausdruck bringen
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Hier wohnten u.a.:
-
Johannes R. Becher (1891 - 1958), Laubenheimer Str.2, Lyriker,
Kulturminister der DDR, Autor der DDR-Nationalhymne
-
Ernst Bloch (1885 -1977), einer der bedeutendsten deutschen
Philosophen
-
Carola Bloch, Schriftstellerin, Ehefrau von Ernst Bloch
-
Ernst Busch, Schauspieler, Sänger (1900-1980), Bonner Str.1,
Bonner Str.11, Laubenheimer Pl.1
-
Klaus Kinski als Untermieter des Schauspielers Eduard Matzick,
Bonner Straße 9
-
Gustav Knuth, Schauspieler
-
Walter Kollo, Komponist, Dirigent, Südwestkorso 46
-
Wolfgang Leonhard, Schriftsteller, Ostexperte, Bonner Str.
12
("Die Revolution entläßt ihre Kinder")
-
Erik Ode, Schauspieler, Regisseur
-
Gustav Rickelt (Vater von Martin R.), Schauspieler, Präsident
der GDBA (Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger) von
1914-1927, der 1927 den Grundstein gelegt hat.
-
Martin Rickelt, Schauspieler, bekannt als „Onkel
Franz“ in der FS-Serie „Lindenstraße“ (Sohn von
Gustav R., als Kind wohnhaft in der Bonner Str.8,
1937 in der Kreuznacher Str. 36 A,
nach 1945 in der Laubenheimer Str. 6,
bis 1960 in der Kreuznacher Str. 38)
-
Hans Bernhard Scharoun, Architekt
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Carl-Heinz Schroth, Schauspieler
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Klaus Schütz, Bonner Str.2 (ehem. Reg. Bürgermeister von
Berlin)
-
Otto Suhr, (ehem. Reg. Bürgermeister von Berlin)
-
Mary Tucholsky (geb. Gerold) (Kurt Tucholsky war hier amtlich
gemeldet, die Wohnung von Mary wurde von den Nazis öfter
durchsucht)
- Erich Weinert, Schriftsteller, Dichter, Kreuznacher Str.
34
KünstlerKolonie Berlin eV
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