Igors nächtliches Geheimnis
Der Mond tauchte die Täler in ein fahles Licht als Igor seinen
Kerker verließ, um seine nächtliche Runde zu machen und wieder ein
paar Münzen in sein geheimes Versteck zu bringen.
Es war eine laue Sommernacht und Glühwürmchen umschwärmten ihn
als er die Wacholderheide verließ. Da Igor schon alt und etwas
vergesslich ist hatte er sich ein paar Gedankenstützen versteckt,
falls er sich eines Tages nicht mehr an den Weg erinnern
sollte.
Igor war nie ein großer Denker – schließlich ist er eine Ratte.
Er konnte gerade einmal bis 3 zählen und wusste, dass 1 x 1 gleich
1 ist und 2 x 1 gleich 2!
Er überzeugte sich davon, dass sein Hinweis noch gut versteckt
war und ging weiter. Ein polterndes Geräusch näherte sich und Igor
verdeckte kurz seine Öllampe. Auf dem nahe gelegenen Weg holperte
eine beleuchtete Kutsche vorbei und verschwand nach kurzer Zeit
hinter dem Hügel. Niemand hatte ihn gesehen!
Eine Eule schrie als Igor tiefer in den Wald hinein ging.
Plötzlich funkelte ihn ein Augenpaar aus der Dunkelheit heraus an –
es war der Waldschrat, der am Fuße eines toten Baumes saß und sich
verzweifelt seine wenigen Haare raufte. Er hatte schon vor langer
Zeit Igors Hinweis gefunden und Nacht für Nacht versuchte er, die
Runen richtig zu legen. Er tobte, zeterte und geiferte vor Wut.
Igor lachte nur hämisch und zeigte ein zahnloses Grinsen. Er
wusste, der Waldschrat würde es niemals schaffen, die Runen so zu
legen, dass er ihnen ihr Geheimnis entlocken könnte. Es gab einfach
zu viele Möglichkeiten, doch nur eine war die Richtige!
Igor schlenderte zufrieden weiter, es waren keine 200m mehr, bis
er sein Versteck erreichte. Als sich Igor näherte vergewisserte er
sich, dass ihn niemand beobachtete, dann kroch er unter den Busch.
Im gedämpften Licht seiner Lampe füllte er seinen Schatz auf und
zählte voller Wonne seine Münzen. Zufrieden ging er zu seinem
Kerker zurück und gönnte sich ein kühles Bier.