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Das Wirtshaus um 1930
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Das Wirtshaus um 2005
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17 S R 94 – die Buchstaben stehen für den damaligen Besitzer
Sebastian Riepertinger. Die Jahreszahl 1471 weist auf die erste
urkundliche Erwähnung des Wirtshauses hin. Das heutige Gebäude geht
auf einen Umbau von 1794 zurück, wohl deshalb, weil größere Räume
wegen des zunehmenden Verkehrs auf der Salzstraße erforderlich
waren.
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Am Hochufer der Traun steht mitten im Ort Aiging das stattliche
Gebäude des Aiginger Wirtshauses. Es gehört zu den ältesten Bauten
des Ortes Aiging und der Gemeinde Nußdorf und ist deshalb unter
Denkmalschutz gestellt.
Die wechselvolle Geschichte dieses Wirtshauses reicht weit in die
Vergangenheit zurück. Der Tradition nach wurde es erstmals 1471
urkundlich als Haltepunkt und Taverne der Salzfuhrwerke, die die
Salzstraße von Traunstein über Altenmarkt nach Wasserburg
benutzten, erwähnt.
Aiging – ein Ort mit
Geschichte
Aiging selbst hat eine lange Geschichte. Der Ortsname »Aiging« ist
ein Mischname, da er einen romanischen und einen germanischen
Bestandteil enthält. Einerseits wird er von einem romanischen
Personennamen »Aius« bzw. »Agius« abgeleitet. Andererseits hat er
die germanische Endung »ing« die auf die Entstehung der Siedlung zu
Zeiten der Landnahme der Bajuwaren im 6. Jahrhundert nach Christus
hinweist. Die nahe gelegenen Dörfer Litzlwalchen und Traunwalchen
lassen erkennen, dass in dieser Gegend beim Abzug der römischen
Besatzungsmacht um 500 nach Christus noch Siedler lebten, in denen
sich keltische, germanische und römische Elemente vermischt hatten.
Sie werden auch Walchen genannt, ein Name, der sich auf die
romanisierten Kelten und die Romanen selbst bezieht.
Der Ort Aiging liegt in einem Gebiet, das verkehrstechnisch bereits
in keltisch-römischer Zeit erschlossen war. Denn von der großen
Römerstraße zwischen Salzburg und Augsburg, die im Bereich der
heutigen Stadt Traunstein die Traun überquerte, bogen Wege nach
Norden ab. Einer davon führte entlang dem Hochufer der Traun nach
Altenmarkt, wo er sich in Richtung Westen und Norden
verzweigte.
Transportwege für das
Salz
Besondere Bedeutung gewann diese Transportroute im Mittelalter für
die Salzfuhrwerke, die das »weiße Gold« von Reichenhall über
Traunstein auf der »oberen Salzstraße« zunächst über Truchtlaching,
später über Altenmarkt (beide hatten wichtige Alzbrücken) nach
Wasserburg und in den ganzen süddeutschen Raum und darüber hinaus
beförderten. Dieser Transportweg war allerdings nicht unumstritten,
denn eine weitere Straße, die »mittlere Salzstraße«, führte von
Reichenhall über Schönram und Waging nach Altenmarkt, wodurch die
Mautzahlung in Traunstein vermieden werden konnte. Die
Salztransporte waren zeitweise durch viele Vorschriften und
Bestimmungen reglementiert. Oft durfte das Salz von einem Fuhrwerk
nur auf einer ganz bestimmten Teilstrecke befördert werden oder es
musste auf einer genau vorgeschriebenen Route gefahren werden. In
einer Urkunde aus dem Jahr 1456 beeideten 15 Bauern vor dem
Traunsteiner Richter, »dass ihnen bekannt ist, dass Salz von
Reichenhall nicht über die (»mittlere«) Straße nach Altenmarkt
abtransportiert werden darf«. Alle Zeugen stammten aus der näheren
und weiteren Umgebung, so zum Beispiel Heinrich Strohmayr und Hans
Kürchmayr von Nußdorf, Hans Reinthaller von Herbsdorf und Friedrich
Kürchmayr von Sondermoning. Wir können davon ausgehen, dass diese
Zeugen als Bauern aus der Umgebung den Transport von Salz im
Nebenerwerb und als Anlieger der Salzstraße von Traunstein nach
Wasserburg durchführten.
Da die Altstraße entlang dem Hochufer der Traun im 14. Jahrhundert
immer särker frequentiert wurde, scheint sich der Bau der
Raststation in Aiging als notwendig erwiesen zu haben. Man darf
sich allerdings von dieser Straße keine falschen Vorstellungen
machen. Sie bestand ursprünglich nur aus Fahrspuren auf dem
gewachsenen Boden ohne jede Befestigung. Deshalb veränderten sich
die Spuren je nach Zustand und Belastbarkeit. Im Gemeindebereich
führte der Weg von Traunstein nach Weiderting, Aiging und weiter
teilweise direkt entlang dem Steilufer der Traun über Herbsdorf,
Biebing nach Matzing.
Um- bzw. Neubau des Wirtshauses Ende des 18. Jahrhunderts
Die Straßenverbindung von Traunstein nach Altenmarkt gewann mit der
Zeit so sehr an Bedeutung, dass eine Teilstrecke zwischen Aiging
und Biebing neu angelegt wurde. Die neue »Land- und Salz Straß nach
Traunstein« von 1762 war 640 Schritte kürzer, da sie nicht mehr
Herbsdorf und Biebing berührte. Ihr Lauf entspricht in etwa dem der
Bundesstraße. Das Verkehrsaufkommen muss also stark zugenommen
haben, was zur Folge hatte, dass auch die Raststation erweitert
werden musste. Denn das heutige stattliche Gebäude des Aiginger
Wirtshauses geht auf einen Umbau zur Vergrößerung aus dem Jahr 1794
zurück, was durch die in Marmor gemeißelte Jahreszahl über der
Eingangstüre dokumentiert ist.
Das bogenförmig gestaltete Türgerüst weist die barocke Form der
Zeit des Umbaus Ende des 18. Jahrhunderts auf. Ein weiterer Hinweis
dafür findet sich im ersten Obergeschoß. In einem großen Zimmer ist
die Decke mit barockem Stuck verziert, in dessen Mitte als Symbol
das Auge Gottes dargestellt ist. In einem weiteren Zimmer hat man
früher die gleiche Stuckverzierung abgeschlagen. Auch weitere
kulturelle Schätze sind an dem Gebäude zu entdecken.
Seitt 2004 ist die Gemeinde Nußdorf Eigentümer des Wirtshauses. Der
Nußdorfer Gemeinderat entschied sich zum Ankauf des Grundstücks und
damit auch des denkmalgeschützten Hauses, um die Dorferneuerung in
Aiging verwirklichen und das Gebäude erhalten zu können. Seit 2007
ist das Wirtshaus auch das Aiginger Dorfmuseum. Die Arbeiten hierzu
sind noch nicht abgeschlossen |