Die verfeindeten Parteien standen sich gegenüber!
Benitez hatte nicht damit gerechnet, hier auf Wilfried von Hürgerstein zu treffen, aber
dem Kontrahenten schien es nicht anders zu ergehen.
Sie standen sich nun mit gezückten Schwertern gegenüber, die Lanzen waren eingelegt
und die Bogenschützen hatten ihre Gegner schon im Visier.
Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis der Kampf ausbrach, da erscholl eine laute
Stimme: "Halt, sofort die Waffen runter!"
Ein Ritter breschte zwischen die Parteien und hielt sein schnaubendes Pferd vor den Kämpfern
an. "Hört, was wir zu sagen haben!"
Sprachs, stieg vom Pferd und hielt Anna höflich die Hand hin: "Darf ich bitten, liebe Schwester?"
Diese ergriff sie, stieg ihrerseits vom Pferd und bedankte sich mit den Worten:
"Danke schön, lieber Tobit! Ich denke, wir haben viel zu erklären, nicht wahr, liebe Kunigunde?"
Die verschleierte Frau erschien wie aus dem Nichts und lüftete ihren Schleier. Wilfried wurde
bleich, strahlte die Frau aber an: "Wo, wo kommst du....darf ich vorstellen: MEINE Amme!"
Die Frau strahlte Wilfried an und sagte streng:" Nichts als Krieg spielen im Kopf, so war er
schon als Kind - immer nur Schild, Schwert und kämpfen. Ich musste mich seit dem Tod
seiner Frau um seine Kinder kümmern. Deine Tochter dürfte dir ja bekannt sein, aber deinen
Sohn Tobit hast du das letzte Mal gesehen, als er 7 Jahre alt war. Er wuchs dann bei meinem
Mann und mir auf der Burg Hohenneuffen auf."
Wilfried war sprachlos vor Glück ob dieser Überraschung.
Seine Tochter Anna nahm ihren stummen Vater an der Hand und sagte:" Papa, darf ich dir
noch jemanden vorstellen?"
Sie führte ihn vor Benitez und erklärte:" Schau ihn dir genau an und überlege, ob dir etwas
an ihm bekannt vorkommt. So sehen verloren geglaubte Söhne aus - dies ist dein Jüngster,
den du im fernen Jerusalem gefallen glaubtest - dein Sohn Benitez!
Benitez nahm seinen Vater am Arm, schob ihn durch die Menge, schnappte sich noch seinen
Bruder Tobit und flüsterte leise: "Genug der Gefühlsduseleien - lasst uns einen trinken gehen,
ich denke, das können wir nun alle brauchen!"