Rapunzel hat es satt im Turm zu sitzen. Sie ist auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Der Turm ist zwar sicher, schwer erreichbar und ein Bollwerk gegen die Tücken des Lebens, aber auch schon alt und baufällig. Rapunzel hat ein bißchen aufgeräumt, denn neulich gabs in einer Vollmondnacht eine kleine Überschwemmung des nahegelegenen Sees, die zur Folge hatte, daß es am Fundament des Turmes Substanzverlust gegeben hatte. Die ganze Statik des Turms geriet ins Wanken, Risse in den Wänden und eine leichte Neigung. Dabei waren diverse dicke Bücher aus den Regalen gefallen, eine Menge Staub ist aufgewirbelt worden und durch einen Riss im Dach scheint zwar tagsüber die Sonne und nachts funkeln die Sterne, aber es regnet auch hindurch. Zuletzt ist Rapunzel, bei dem Versuch das Chaos wieder aufzuräumen, mit ihrem wunderschönem Haar an einem spitzen Mauervorsprung hängengeblieben und –schnipp- wirbelte eine lange Haarsträhne auf den alten Holzfussboden und durch die Fugen bis ins Erdgeschoss, wo sie letztendlich von reichlich Spinnengewebe davon abgehalten wurde, sich gänzlich auf dem Boden zu verteilen. „Du verdammter Turm, du!“ schimpfte sie. „Jetzt reicht es mir mit dir. Ich ziehe aus und ich weiss auch schon wohin!“
Rapunzel werdet Ihr hier nicht mehr finden, aber vielleicht Ihren Schatz.
Der Turm braucht nicht betreten zu werden.