Wie kommt ein Pferd in einen Garten in einem Wohngebiet? Dies soll dieser Multi erklären, da sich mit dem Bild eine etwas ungewöhnliche Geschichte verbindet.
Dieser Multi geht über eine Stecke von ca. 30 km. Über weite Strecken kann er mit einem Pkw bewältigt werden, aber nicht überall. Daraus und aus der Länge ergibt sich auch die Geländebewertung. Er wird sicher nicht hintereinander zu bewältigen sein, aber man kann ihn prinzipiell zu Fuß an einem Tag bewältigen, wie die nachfolgende Geschichte zum Bild zeigen wird.
Die Geschichte beginnt auf einem Reiterhof in Medingen, wo Gledi untergebracht war. Gledi (eigentlich Geldisa) ist eine lettische Warmblutstute, auf der ich, wie viele andere auch, das Reiten erlernte. Sie ist in gewisser Weise ein Ausnahmepferd, da sie absolut zuverlässig, aber dennoch jederzeit leistungsbereit ist.
Später haben wir sie gekauft und ich habe sie über 6 Jahre geritten und sehr viele unvergessliche Erlebnisse mit ihr gehabt. Schließlich verbot aber leider eine starke Arthrose in den vorderen Fußgelenken ihren weiteren Beritt.
Also suchten wir einen "Gnadenhof" für das Pferd. In Wildenhain wurden wir fündig und an einem schönen Sonntag sollte sie mit dem Pferdehänger dort hin gebracht werden.
Aber sobald sie auf dem Hänger war, kippe sie zur Seite und begann mit allen 4 Hufen wie wild gegen die Mittelabsperrung des Hängers zu treten. Also schnellstens runter mit dem Pferd. Offenbar hatte sie Schmerzen beim Transport auf einem Hänger und daher panische Angst. Was uns vorher nicht aufgefallen war, da sie nur sehr selten transportiert werden musste.
Nun war guter Rat teuer. Wie bekommt man ein Pferd von a nach b, ohne einen Transporter? Da gibt es nicht so viele Möglichkeiten. Im Nachhinein fiel mir ein, dass wir eine Kutsche hätten nehmen können und sie hinten anbinden. Aber darauf kam ich erst später.
Also äußerte ich die Absicht, das Pferd die ganze Strecke zu führen, was mir folgenden Kommentar des Hofbesitzers einbrachte: "Bist Du verrückt? Bis Wildenhain sind es über 25 km! Die kannst Du unmöglich ein Pferd führen." Ich: "Natürlich kann ich das. Im Krieg sind die mit ihren Pferden bis Moskau gekommen, also werde ich es ja wohl bis Wildenhain schaffen." (Es waren übrigens mehr als 30 km!)
Es war Sonntagmittag und ich begab mich nach einem Blick auf die Karte mit meinem Pferd auf die "Tour meines Lebens". Da es an dem Tag sehr heiß war (> 30 Grad) hatte ich nur kurze Hosen und Sandalen an, kein Handy oder Trinkwasser dabei. Also vereinbarte ich mit meiner Frau, mich mit ihr auf dem Reiterhof in Berbisdorf zu treffen. Dorthin sollte sie mir eine Gürteltasche mit Wasserflasche und Handy bringen.
Zunächst ging es durch die Röderaue, dann über Großdittmannsdorf und die Felder zunächst nach Berbisdorf. Gledi schaute ganz neugierig in die Gegend, da sie natürlich diesen Weg noch nie gegangen war. Unterwegs gab es leckere Äpfel und Birnen zu fressen.
In Berbisdorf wurde das Pferd getränkt, denn wir waren ja schon gut eine Stunde bei ziemlicher Hitze unterwegs. Meine Frau übergab mir Handy und eine Gürteltasche mit Wasserflaschen und ich machte mich wieder auf den Weg Richtung Wildenhain.
Nächste Station sollte unser Heimatdorf Naunhof sein, was so etwa in der Hälfte der Stecke liegt. Aber bis dahin mussten noch zwei Probleme gemeistert werden: Die Sonne knallte mittlerweile so unbändig auf meinen Kopf, dass meine Frau mir unterwegs einen Hut vorbeibringen musste. Später wollte ich kurz vor Naunhof durch ein Waldstück, in dem ein Graben zu überwinden war. Gledi ist zwar ein zuverlässiges Pferd, aber mit Gräben im Wald hat sie es nicht so. Im Angesicht des Grabens machte mein Pferd eine plötzliche Kehrtwendung und versuchte davon zu stürmen. Nur mit Mühe konnte ich den Führstrick noch in der Hand behalten. Hätte ich losgelassen, wäre sie evtl. den ganzen Weg zum Stall in Medingen zurückgelaufen. Das war gerade noch mal gut gegangen und es musste notgedrungen ein anderer Weg nach Naunhof gefunden werden.
Bei der ganzen Rangelei am Graben wurde die erste meiner Sandalen zerrissen, die zweite überlebte den Weg über ein abgeerntetes Feld nicht mehr.
Aber schließlich kamen Gledi und ich nach 3 Stunden in Naunhof an. Wir stellten das Pferd in unseren Garten, tränkten es dort und gönnten ihm so viel vom leckeren Gras, wie es fressen wollte. Bei dieser Gelegenheit entstand auch das oben stehende Bild. Ich musste mich auch erst mal „tränken“ und die „Reifen wechseln“.
Wir hatten zufälligerweise Gledi‘s Sattel im Auto und meine Frau meinte, ich müsste ja nicht den ganzen Weg laufen. Etwas Schritt könne ich mit ihr schon noch reiten. Also Sattel drauf und ein wenig im Schritt durch den Rest vom Ort. Hinter dem Ortsrand musste ich schon wieder meine Frau anrufen, dass sie mir meine Reithose vorbeibringen muss. In kurzen Hosen reiten geht gar nicht! Mir ist völlig schleierhaft, wie die Indianer ohne Sattel oder mit bloßen Beinen reiten konnten!
Die nächsten Stunden waren dann recht entspannt. Es ging über Marschau, Altleis, Lenz und Priestewitz weiter Richtung Wildenhain. Die Landschaft war schön, viele bereits abgeerntete Felder, so dass ich immer mal wieder Schritt reiten konnte. Ansonsten wurde geführt, geführt, geführt. Die Sonne knallte weiterhin unerbittlich, aber ich hatte ja Trinkwasser dabei und für Gledi gab es neben viel neuer Landschaft auch immer mal wieder eine Stelle zum saufen.
Kurz hinter Lenz aber drohte neues Unheil: Am Horizont wurde es tiefschwarz – ein starkes Gewitter war im Anzug! Ich war einige Zeit am Überlegen, wo man sich denn unterstellen könne, wenn es uns denn erwischen würde. Ein Gewitter auf freiem Feld war das was mir an diesem Tag gerade noch gefehlt hatte.
Aber wir hatten Glück, das Gewitter zog an uns vorbei. Wir bekamen nur Regen ab. Was sehr angenehm war, weil es uns beiden Abkühlung brachte.
In der Schlussphase unseres Unternehmens irrten wir hinter Skassa noch etwas durch die Kleinraschützer Heide. Leider fanden wir nicht den kürzesten Weg nach Wildenhain. Aber schließlich kamen wir gegen 19.30 Uhr endlich an unserem Ziel an. Geldi bekam eine schöne trockene Box und ich ein Handtuch, um mich trockenzulegen.
Den ganzen nächsten Tag blieb Gledi in der Box liegen und ich hatte eine volle Woche lang einen tierischen Muskelkater. Dennoch, wenn die Situation die gleiche wäre, würde ich diese „Pferdetour“ sofort wieder machen. Es war sowohl für das Pferd, als auch für mich, das Richtige. Gledi war an den Ort gebracht worden, wo sie ihren Lebensabend verbringen wird und ich hatte unterwegs ausreichend Zeit, mich von meinem Pferd als Freizeitpartner zu verabschieden.
Gledi lebt heute, 5 Jahre später, noch immer glücklich und zufrieden auf dem „Gadenhof“. Ihr geht es gesundheitlich soweit noch gut und sie hat eine wichtige Aufgabe: Sie ist die Leitstute für eine Gruppe Jährlinge, denen sie mit Geduld und Konsequenz „Pferdebenimm“ beibringt. Das ist doch ein schöner Lebensabend für eine Stute.
Wenn ich heute Gledi in ihrem Ruhestand besuche, fahre ich oftmals den gleichen Weg, den wir damals gegangen sind, und erinnere mich dabei an die einzelnen Ereignisse dieses Tages. Ich nenne die Stecke den „Gledi-Gedächtnisweg“. Wer Lust hat, kann diesen Weg mit meinem Multi nachvollziehen. Bin sehr gespannt, ob das einer auf sich nimmt.
PS.: Nach sagenhaften über 11 Jahren auf dem Gnadenhof ist Gledi am 22.12.2018 in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Wir werden sie nie vergessen.
Da die Stationen immer wieder weg waren, gibt es nun dazu einen WherIGo, der die Stationen abbildet:
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