
02. Januar - Die 10. Rauhnacht
Yggdrasil - der
Weltenbaum
Die Rauhnächte sind Nächte,
die man am besten in Stille erlebt.
Denn nur dann kann man Wotans wildes Heer am Himmel entlang
rauschen hören,
nur dann schleichen sich die alten, überlieferten Bilder in die
moderne Zeit.
Durch die Lüfte braust die Wilde Jagd, geführt vom Wilden Jäger,
dem Wode und
dringt in die Häuser, wenn Türen und Fenster nicht gut verschlossen
sind.
Versunkene Schlösser und Schätze steigen empor, Zwerge kommen zu
Besuch
und müssen bewirtet werden. Fremden Tieren ist in dieser Zeit nicht
zu trauen,
weil die Hexen oft ihre Gestalt annehmen. Die Rauhnächte sind ganz
besondere
Nächte. Es sind die Nächte, in denen Tiere reden und Menschen einen
Blick in ihre
Zukunft werfen können. In den zwölf Nächten, auch "die krummen
Tage" genannt,
öffnen sich die Tore zwischen den Welten.
Yggdrasil, der Weltenbaum in der nordischen Mythologie ist ein
wunderschön
anschauliches Weltenbild. Der Weltenbaum stellt die Verbindung
zwischen den
verschiedenen Bereichen der Natur - Himmel - Erde - Unterwelt
dar.
Yggdrasil wird meist als eine Esche, manchmal auch als Eibe
verstanden.
Stamm und Zweige des Yggdrasil reichen über die gesamte Welt und
verbinden
so ihre lichten und dunklen Bereiche. Die Zweige reichen hinauf bis
über den
Himmel und bis tief in die Erde. Seine drei großen Wurzeln halten
den Weltenbaum
Yggrasil aufrecht.
Der Weltenbaum ist ein Sinnbild der Schöpfung: räumlich, zeitlich
und inhaltlich.
Er steht im Zentrum der Welten und verbindet sie miteinander. Als
Weltachse
(axis mundi) verbindet er die drei Ebenen Himmel, Mittelwelt
und Unterwelt.
Als Himmelsstütze stützt er das Himmelsgewölbe. Die Edda nennt
ihn
auch den Maßbaum. Die Welt reicht nur so weit, wie seine Zweige und
Wurzeln
reichen und die Schöpfung besteht nur solange, wie er besteht.
Yggdrasil ist auch
ein Sinnbild des Lebens: das Vergehen und Werden und die
Wiedererneuerung
des Lebens. Die Tiere am Baum nehmen von seiner Lebenskraft, die
drei Nornen
besprengen ihn mit dem heiligen Wasser des Urdbrunnens und schenken
ihm so
immer wieder neue Lebenskraft. Da Yggdrasils Leben sich immer
wieder erneuert
oder weil Yggdrasil immergrün ist, ist die Weltenesche auch ein
Sinnbild der
Unsterblichkeit.
Da Yggdrasil auch die Verbindungen zwischen den Welten hält,
schafft sie auch
über die Rauhnächte die Öffnungen, welche die Übergänge an den
Tagen
möglich macht. Haltet die Augen auf, damit ihr an den nächsten
Tagen auch stets
die richtigen Pforte betretet.