Kurze Geschichte von Ostheim
Die industrielle Entwicklung im mittleren Neckarraum während des 19. Jh. führte zu einem raschen Anwachsen der Einwohnerzahl Stuttgarts. Die Bautätigkeit hielt mit dem Zustrom nicht Schritt, und bald fehlte es vor allem an preiswertem Wohnraum.
Der 1866 gegründete “Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen” (ab 1933 “Gemeinnütziger Bau- und Wohlfahrtsverein Stuttgart”, jetzt “Bau- und Wohnungsverein”) begann unter der Leitung von Hofrat Eduard Pfeiffer (1835-1921) seine schon bisher segensreiche Tätigkeit auf den Bau von Wohnungen auszudehnen. Er wollte gesunden, billigen Wohnraum mit viel Luft und Licht schaffen. Die Häuser sollten außerhalb der Stadt und doch nicht zu weit vom Arbeitsplatz entfernt liegen.
Nach einem Aufruf waren bald die erforderlichen Gelder gezeichnet, und so erwarb der Verein ein passendes Gelände an der östlichen Grenze des Stadtdirektionsbezirkes zwischen Berg und Gablenberg. Es sollten Häuser für zwei bis drei Familien entstehen mit einem Gartenanteil. Um Eintönigkeit zu vermeiden, sollte jedes Haus ein etwas anderes Aussehen haben. Die Achse der Siedlung bildete die Neuffenstraße, den Mittelpunkt der Teckplatz. Diesen Bebauungsplan entwarf Regierungsbaumeister Friedrich Gebhardt, die einzelnen Häuser planten die Architekten Karl Heim und Karl Hengerer. Lange vor der Fertigstellung waren die Wohnungen bereits vergeben.
So stellten sich die Planer die neue Kolonie Ostheim vor. (Buchillustration, 1896)
Bei der Auswahl der Mieter war man vorsichtig; “asoziale Elemente” sollten von vornherein ausgeschaltet werden, religiöse und parteipolitische Zugehörigkeit spielten dagegen keine Rolle. Man ging davon aus, dass die künftigen Bewohner schon einen gewissen Wohlstand erreicht hatten.
Am 6. Oktober 1891 wurde der Spatenstich für das erste Ostheimer Haus getan, und am 1. Juli 1892 zog der Malermeister Karl Gehr in seine Wohnung in Ostheim ein, am 13. Juli besichtigte König Wilhelm die neue Kolonie und an Jacobi (25. Juli) folgte die Masse der neuen Bewohner. Am Monatsende zählte die neue Kolonie bereits 134 Familien mit 700 Köpfen. Etwas mehr als die Hälfte der Zugezogenen kamen aus der Region Stuttgart, die meisten anderen aus dem übrigen Württemberg und Baden. Zur Berufsgliederung schrieb Pfarrer Stotz 1906: “In Ostheim wohnen viele Schreiner, Schlosser, Schriftsetzer usw., ferner Unterbeamte bei der Post und Eisenbahn und sonst allerlei kleine Leute.”
Die neue Ansiedlung war von vorneherein Teil der Stadt Stuttgart; die Neubürger mussten sich mit ihren Anliegen, “sofern nicht der an Ort und Stelle befindliche Schutzmann sie erledigen und ermitteln” konnte, direkt an das Stadtschultheißenamt Stuttgart wenden.
Die Bauarbeiten fanden im Frühjahr 1903 offiziell ihren Abschluss. Was in der Kolonie noch fehlte, war ein Spielplatz – den stiftete Eduard Pfeiffer im Quartier zwischen Raitelsbergstraße, Kanonenweg, Alfred- und Rotenbergstraße, wo “die Jugend dem gefährlichen Getriebe der verkehrsreichen Straßen und dem Staub” entzogen war; er wurde am 24. Mai 1903 feierlich eröffnet.
Eduard Pfeiffer und seine Frau Julie vor der im Bau befindlichen "Kolonie". (Fotografie, 1895)
Auszug von http://www.muse-o.de/geschichte-s-ost/stadtteil-ostheim/