Zur Geschichte des Brunnens
Bevor im Jahre 1975 auf dem Marktplatz in Oettingen der heutige Steinbrunnen aufgestellt wurde, war dort ein eiserner Brunnentrog aus dem Jahre 1871. Auf einer Säule stand der Gott Neptun mit dem Dreizack und einem Fisch in der Hand. Das Volk sagte, die Brunnenfigur sei etwas zu mager ausgefallen, und es sei überhaupt nicht der Neptun, der da in Oettingen, das keine Seestadt sei, nichts zu suchen habe. Die Statue auf dem Marktbrunnen sei der Schwertle.
Die Oettinger selber entwickelten eine besondere Zuneigung zu ihrer Brunnenfigur. Einige Jahre später wurden ihr bereits alljährlich bei der Kirchweih „Weihegaben“ wie Weckle und Bratwürste dargebracht. Der Grund dafür war folgende Sage:
Vor Zeiten feierten die Oettinger die Jakobikirchweih wie immer: mit Bratwürsten, Küchle, Gesottenem und Gebackenem, waren lustig und guter Dinge und ließen sich´s wohl schmecken, wie dies ihr gutes Recht war. Der Geruch von all den feinen Sachen lockte auch einen Handwerksburschen aus dem Schwabenlande an, der in der Umgebung der Stadt bettelte. Schwertle, so hieß der Handwerksbursche, hinten dürr und vorne mager, genau wie sein Ränzlein und sein Geldsack, verhoffte, in der Stadt einen guten Tag zu bekommen, bei dem auch für ihn ein festlicher Braten und ein ordentlicher Trunk abfallen könne.
Aber die Oettinger dachten nur ihre eigenen Bäuche zu füllen, und in all den drei Tagen, solange die Kirchweih dauerte, bekam der Handwerksbursche zwar viel Gutes zu riechen und zu sehen, aber gar nichts zu essen, sodass er elend verhungern musste. Nun schämten sich die Oettinger, aber es war zu spät. Damit konnten sie den Armen auch nicht mehr lebendig machen. Sie begruben ihn deshalb feierlich und errichteten ihm ein Denkmal in Form dieses Brunnens. Dieses sollte zugleich ein Mahnmal für kommende Generationen sein. Jedes Jahr aber bekam seit dieser Zeit „der Schwertle“ auf seinen Stock (Dreizack) am Kirchweihfest ein Paar Bratwürste und ein Laiblein gesteckt.
Der Anregung des Agenda-Arbeitskreises Tourismus und Freizeit, den ehemaligen Schwertlebrunnen durch Spenden wieder aufzustellen, folgten viele Privatpersonen, Vereine und die Geschäftswelt der Stadt. Dadurch wurde es möglich, dem Schwertle seinen Platz in Oettingen zurückzugeben; wenn auch nicht auf dem Marktplatz, jedoch etwas versteckt in dieser schönen Ecke.