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Industriestadt Neustadt-Glewe - Fernmeldewerk Traditional Cache

Hidden : 6/18/2013
Difficulty:
1.5 out of 5
Terrain:
1.5 out of 5

Size: Size:   micro (micro)

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Geocache Description:

Auch wenn es heute unglaublich klingt und nur noch ganz wenige Spuren davon zeugen: Neustadt-Glewe ist die älteste Industriestadt Mecklenburgs.


Zur Reihe:
In jüngerer Vergangenheit, d.h. in der 2. Hälfte des 20. Jh. hatten die "modernen" Neustädter Werke in der Summe am Ende mehr Beschäftigte, als die Stadt selbst Einwohner hatte. Zu diesen zählten die großen drei, also Lederwerk, Fernmeldewerk, Hydraulik, aber auch eine Reihe kleinerer Werke wie ACZ, VEG, Betonwerk, Tieraufzuchtmittelwerk, zu denen sich zuletzt auch noch die Geothermie gesellte.

Woher kamen die Arbeiter? Aus der Stadt und aus dem näheren und weiteren Umland. Ein reger Bus- und Bahnverkehr ermöglichte dieses. Ende der 70er Jahre sprach man sogar von der "Dreistadt Neustadt - Ludwigslust - Grabow". Während Neustadt darin den industriellen Teil darstellt, Stand Grabow mit Pfeffernuß, Brauerei und z.B. Goldleiste für Nahrungsmittelproduktion und Leichtindustrie. Ludwigslust als Kreisstadt stellte dagegen den Verwaltungs- und Ämter- sowie mit Krankenhaus und Polyklinik den medizinischen Schwerpunkt der Region. Natürlich verwischten sich diese Dinge etwas, wenn man an die BAMA oder Fleischwaren in Lulu oder das Lazarett in Neustadt denkt, aber im Groben traf das so zu.

Historisch gesehen liegen die industriellen Wurzeln Neustadts jedoch weit tiefer. Wer sich zum Burgtor begibt, findet davor stehend linkerhand eine Schautafel, welche über einen Teil der historischen Eisen- und Hüttenindustrie in Neustadt berichtet.


Die Neustädter Eisenwerke produzierten also nicht nur Ofenplatten und das Metallgeländer an der Schweriner Schlossbrücke, sondern auch Kanonenkugeln für den Kampf Schill und Wallensteins um Stralsund. Selbst Cortez soll in Südamerika schon in Neustadt gegossene Kugeln aus Raseneisenerz der Lewitz eingesetzt haben, verhüttet auf Feuern, gespeist mit den einst als unerschöpflich geltenden Gehölzen der Waldlewitz.

Im Text besagter Schautafel wurden jedoch die Johann-Albrecht-Werke vergessen, die die Neustädter Eisenindustrie-Tradition noch weit in das 20. Jh. hinein u.a. als Produzent von Eisenbahnwagen fortsetzten. Die alte Goethe-Oberschule wurde auf den Fundamenten der Werksschmiede errichtet und unterm heute verschwundenen Thälmann-Gedenkstein auf dem heutigen Scholl-Platz (warum wurde der namentlich eigentlich vom Schloss zum heutigen Ort verlegt??) soll sich immernoch die alte Eisenbahn-Drehscheibe der Albrechtwerke befunden haben.

(Diese Informationen entstammen neben der auf der Tafel genannten Quellen u.a. auch einer Stadtchronik des Lehrers Prorepp von 1912, Original im Privatbesitz, die auch als Replik zum 725jährigen Stadtjubiläum einst käuflich erhältlich war)


Bounushinweis der Reihe:
Wer den Bonus dieser kleinen Reihe heben möchte, möge bitte das auf den Tafeln am Burgtor genannte Jahr erkunden, in dem Wallenstein die seit 1503 nachweisbaren ältesten Eisenwerke in Rüstungsbetriebe umwandelte.


Zum Cache:

Das Fernmeldewerk
steht für die Tradition der Leicht- und Elektroindustrie in Neustadt-Glewe. Entstanden aus kleinen Betrieben, die nach WW2 aus den Überresten der gesprengten Flugplatzanlagen dringend benötigte Alltagsprodukte zum Überleben produzierten, wie z.B. Elektro-Koch- und Heizgeräte, Geschirr, aber auch E-Installationen (siehe Cache "Flugplatzgeschichte"), entstanden bald die ersten Rundfunkgeräte. Bis 1969 entwickelte sich "Funk und Feinmechanik Neustadt Glewe" neben "Sternradio Sonneberg" im gleichen Kombinat zu einem der führenden Rundfunkgeräte-Hersteller des Landes.

Wöchentlich verließ ein Sattelzug das Werk in Richtung Versandhandel "Quelle", aber auch in vielen Haushalten des Landes standen und spielen teilweise noch heute Geräte mit solch klanghaften Namen wie "Operette", "Melodie" oder "Aida" von zumindest damals absoluter Spitzenqualität. Quäkende Akustik wegen mangelnder akustischer oder ingenieurtechnischer Resonanz, China-Billigst-Haltbarkeit im Wochen- bis Monatsbereich oder gar Aussetzer wegen Bandbreiten-Drosselkom-Probleme kamen dort nicht vor und hätte niemand auch nur gewagt, einem Kunden anzubieten. But times are changeing.

1969 entschieden allerhöchste Stellen, dass der Bedarf der Bevölkerung nun gedeckt und künftig allein aus den verbliebenen Werken in Berlin und Sonneberg versorgt wird. RaFeNa in Radeberg ging es als TV-Geräteproduzent ähnlich.

Aus dem Entwickler und Produzenten hochanspruchsvoller Spitzen-Elektronik wurde ein Hersteller mechanischer Klick-Klack-Technik für Telefonvermittlungen in den Weiten Sibiriens. aus "Funkmechanik" wurde das "Fernmeldewerk". Zwar waren die Mehrfachkoordinatenschalter (MKS) ein Fortschritt gegenüber der noch weit verbreiteten Hebdrehwähler, aber im Gegensatz zu den West-Export-Radios wurden die Ost-Exporte kaum im eigenen Land eingesetzt. Sibirien war einfach zu groß. Telefonanschlüsse gab es nichtmal für Beschäftigte im Bereitschaftsdienst des FNG.

Doch der Virus der elektronischen Ingenieur-Intelligenz, der viele Jahre nur knapp im Ratio- und Messgerätebau überlebte, sollte noch einmal eine kurze Blüte erleben. Anfang der 80er Jahre versuchte man im Zusammenhang mit der staatsdoktrinähnlichen Mikroelektronik-, CAD/CAM- und Megabitspeicher-Weltherrschaftsambitionen endlich eine Neuerung: Die Entwicklung vollelektronischer Telefon-Vermittlungstechnik.

In einem fast unvorstellbaren Anflug von Kompetenz einiger cleverer Abteilungs- und technischer Leiter sowie unterstützt von schalkhafter Ressourcenbereitstellung, entwickelten 105 hochmotivierte Ingenieure, kaum einer länger als fünf Jahre vom Studium weg, hier schon zur Zeit des 8bit-Z80-CPU die ENA (Elektronische Nebenstellen-Anlage).

Selbstentwickelte und im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder produzierte Codec- und Filter-Chips, fünf Prozessrechner-Kerne je Anlageneinheit (sowas nennt man heute "Multiprocess Cluster"), dazu Singlechip-CPUs im Bedienfeld (heute dafür verwendete SPS wurden erst später erfunden), außerdem weiterentwickelte Schaltnetzteile sowie eine eigene Softwareentwicklung mündeten noch 1980 im ersten kreuzvermittelten digitalen Telefongespräch, zumindest auf deutschem Boden. Ich selbst durfte bei diesem Versuch einen der beteiligten 4 Apparate bedienen.

Aber wie heisst es bei Störtebecker so schön jeden Abend in Ralswieck? "Aber es war nur für einen Wimpernschlag der Geschichte." Leider versäumte es der "Aussenhandelsbetrieb der DDR", die in Folge der Ausstellung der ENA auf auf Messen eintreffenden Lizenz- und Lieferanfragen bedeutender westlicher Elektronikkonzerne zeitnah auch nur zu bearbeiten. Ein knappes Jahr später brachten Matra Harris und Siemens dann selbst ähnliche Chips und Anlagen heraus.

Besonders bemerkenswert dabei: All das entstand auch noch trotz der dank Schwefelluft des benachtbarten Lederwerkes kaum lötbaren Drähte, trotz der engen zugigen immer neuen Hütten als Ersatz nicht realisierbarer massiver Bauten (weshalb das FNG auch bald "Hüttenkombinat Neustadt Glewe" genannt wurde), trotz fehlender und in landesweiter Suchaktion dennoch beschaffter M4-Muttern usw. usf.

Ähnlich wie etwa zeitgleich beim "Festplattenwerk der DDR" in Zella-Mehlis, wo gleich nach dessen Aufbau in doch eher typischer intelligenzfrei geplanter Wirtschaft im Heizwerk direkt nebenan mit "Erichs Teuerstem Unternehmen" (ETU = Energieträgerumstellung) der Staub verbrannter braunkohlehaltiger sächsischer Muttererde jeden Reinstraum-Traum zunichte machte, schaffte man es auch hier, den Elan höchstmotivierter Ingeneure in kürzester Zeit durch "das, was nicht geht" abzuwürgen. Na Hauptsache, das Parteilehrjahr fand statt.

Ach ja: Als dann doch endlich neue Produktionsanlagen, Hochregallager usw. das "Hüttenkombinat" ablösten, gab es schließlich das Werk nicht mehr. Und das Land mit dem elektronischen Weltherrschaftsanspruch war auch weg. Danach wurde die einst noch von Walter Ulbricht vor laufender aktueller Kamera eingeweihte MKS-Produktionshalle noch einige Jahre lang als Hochsicherheits-Zigarettenlager für Automatenbestücker genutzt.

Einige kleinere Nachfolgebetriebe werkeln bis heute in der Tradition von Ratio- und Werkzeugbau, aber eher als Zulieferer für kleinere Serien elektronischer Spezialprodukte. Der Betriebskindergarten ist heute ein privates Wohnhaus. Ungefähr ihm gegenüber am bahnseitigen alten Wekszaun findet ihr die Dose etwa in halber Kniehöhe.


Bonusfrage FNG:
Das Verwaltungsgebäude des Fernmeldewerkes -natürlich auch eine Baracke- nannte man "Weißes Haus". Gesucht für den Bonus ist die innerörtliche entsprechende Bezeichnung des Verwaltungsgebäudes des gegenüberliegenden Lederwerkes (5 Buchstaben), siehe Listing des nahen Caches GC48TWF "Bahnen in Neustadt-Glewe - Zwischen den Werken".


Additional Hints (Decrypt)

Crgyvat va qre Eöuer

Decryption Key

A|B|C|D|E|F|G|H|I|J|K|L|M
-------------------------
N|O|P|Q|R|S|T|U|V|W|X|Y|Z

(letter above equals below, and vice versa)