Der Hauptfriedhof
"Hinter dem Thore, eine halbe Stunde vor der Stadt..."
Der alte Karlsruher Friedhof an der Kapellenstraße hatte zu Beginn der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts die Grenzen seiner Nutzungskapazität erreicht. Eine Erweiterung war nicht mehr möglich, da die Gebäude der Eisenbahnverwaltung, der Artilleriedepots und das Gräberfeld der jüdischen Gemeinde den Friedhof umschlossen. Die starke Zunahme der Karlsruher Stadtbevölkerung, die Gründung von neuen Stadtteilen wie der Ost- und der Südstadt, aber auch hygienetechnische Überlegungen forderten eine Verlegung des Friedhofs an den Rand der Stadt.
So begannen 1871 die ersten Planungen zu einer neuen Erschließung. Da die sich immer stärker entwickelnde Residenz über nicht ausreichende Gemarkungsfläche verfügte, begann der damalige Oberbürgermeister Wilhelm Lauter (1821-1892) von Seiten der Stadt Verhandlungen mit den Rintheimer Bauern zu führen, um von ihnen das nötige Land zu erwerben. Da man sich nicht einig wurde, stellte die Stadt an das Großherzogliche Ministerium einen Antrag auf Enteignung, der zunächst abgelehnt, aber wegen fehlender Alternativen letztlich bewilligt wurde.
Eine vorbildliche Parkanlage
Nach dem Ankauf eines mehrere Hektar umfassenden Geländes im Osten der Stadt auf Rintheimer Gemarkung, an der heutigen Haid-und-Neu-Straße, erhielt der großherzogliche Baurat Josef Durm (1837-1919; Fußweg 5) den Auftrag zur Planung einer 15,3 Hektar großen Friedhofsanlage. Durm schuf innerhalb weniger Jahre den bis heute in seiner Gesamtanlage vorbildlichen Karlsruher Hauptfriedhof, einschließlich großzügig gestaltetem Eingangsbereich, Ehrenhof und Friedhofskapelle. Am 16. November 1874 wurde der heutige Hauptfriedhof als erster kommunaler Parkfriedhof Süddeutschlands und zwei Jahre später die Kapelle eingeweiht.
Durm lehnte sich an die Prinzipien der englischen Gartengestaltung und Landschaftsplanung an. Das Erscheinungsbild des Friedhofes, auch getragen von der Idee einer Erholungsfläche, trat in den Vordergrund. Entgegen der bis zu dieser Zeit üblichen barocken, strengen und symmetrischen Form einer solchen Anlage, modellierte er eine Parklandschaft mit unregelmäßigen Feldern, gewundenen Haupt- und Seitenwegen, mit Platanen und Eiben bepflanzten Alleen. Rasenflächen, eingestreute Busch- und Baumgruppen sowie ein künstlich aufgeschütteter Hügel (Feld 20) verstärkten den Parkcharakter des Friedhofs.
Nach den Wünschen Durms sollte sich der Friedhof an den nördlich angrenzenden Hardtwald anlehnen und ganz im Sinne der englischen Vorbilder eine fließende Grenze zwischen künstlicher und natürlicher Landschaft entstehen. Diesem Ansatz kam man aber nicht entgegen, da Teile des Waldes für die Rintheimer Bauern zur Bewirtschaftung gerodet werden mussten. In seiner Gestaltung war der Karlsruher Hauptfriedhof in der Folgezeit für zahlreiche neu entstehende Friedhöfe Deutschlands typisierend.