Ein einfacher Tradi, bei dem die spannende Geschichte über den "Fluch von Dahlhausen" im Mittelpunkt steht. Parken könnt Ihr gut 100 Meter entfernt am Ende der Straße oberhalb des Gut Dahlhausen. Oder Ihr verbindet die Cache-Suche einfach mit einem schönen Spaziergang.
Der Fluch von Dahlhausen
Das Sauerland. Bewaldete Berge, Wiesen. Und in den Tälern rauschen die Bäche und Flüsse. Es ist ein karges Land, wo die Bauern es schwer haben, der Natur Jahr für Jahr das nötigste abzutrotzen. Aber arm war dieses Land noch nie. Reich an Bodenschätzen, reich an Wäldern und reich an der Kraft des Wassers. In den Tälern stauten sich die Bäche und mit großen Wasserrädern wurden vielerorts Mühlen und Hämmer angetrieben. In den Schmieden und Hammerwerken formten die Menschen aus Eisen brauchbares Metall. Zahllose Hochöfen produzierten das nötige Roheisen dazu und verschlangen riesige Mengen an Holzkohle, deren Energie zum Schmelzen des Eisens gebraucht wurde. Die Wälder des Sauerlandes lieferten das Holz dafür.
Überall rauchten die Kohlenmeiler, überall standen die Köhlerhütten. Und überall arbeiteten schweißgebadete Männer hart im ewigen Rauch. Es waren raue, aber herzliche Kerle, die ihr Handwerk verstanden und nach getaner Arbeit gerne in ihren Hütten zusammensaßen, um sich den Abend mit Kartenspiel und einem guten Schluck Schnaps, dem sogenannten Kollerwasser, zu versüßen. Manch lustige, aber auch manch Spukgeschichte wurde erzählt. Und oft legten sich die Köhler erst spät in der Nacht auf ihrem einfachen Nachtlager zur Ruhe.
Nicht weit der alten Hansestadt Attendorn lag einsam ein altes Bauerngut, das Gut Dahlhausen. Das Haupthaus mit großer Diele, offener Küche, zahlreichen Gemächern und Gesindekammern beherbergte auch die Stallungen für das Vieh und die Pferde. Die große Scheune und der alte Backes, ein Backhaus, schlossen sich an. Der Gutsbesitzer, ein stattlicher Mann von fast einem Meter neunzig, war in den besten Jahren und führte den Hof mit harter Hand. Kaum ein Lächeln sah man in seinem Gesicht. Seine Haut war gegerbt von der Sonne, von Wind und Regen. Nach getaner Arbeit zog es ihn abends oftmals zu den Köhlergesellen. Hier fand er derbe Mannsbilder, mit denen er gerne den Abend bei Kartenspiel und Branntwein verbrachte. Oft prahlte er dabei laut, was für ein toller Kerl er sei und brüstete sich mit seiner großen Manneskraft. Seine sechs Kinder seien schließlich Beweis genug dafür und auch mit über 50 Jahren strotzte er noch immer vor Tatkraft.
Eines Abends, er hatte wieder einmal mit den Köhlern gezecht, wollte er den Kumpanen seine große Mannbarkeit beweisen. Er ließ Lisa, eine blutjunge Magd, zu sich in die Köhlerhütte bringen. Unter dem lauten Gejohle der Köhler verging er sich dort vor allen Augen an dem armen Mädchen. Dieses schreckliche Ereignis aber blieb nicht ohne Folgen. Schon nach wenigen Monaten konnte die junge Magd nicht mehr verbergen, dass sie schwanger war. Der Gutsbesitzer sorgte sich nun, dass seine Missetat hierdurch bekannt würde. Eines Abends ließ er die junge Lisa wiederum zu den Köhlern bringen. Nach kurzer Zeit gebot er ihr, oben auf den Meiler zu steigen und nachzusehen, ob in dessen Innerem noch genügend Glut sei. Dann stieg er ihr nach auf den Meiler und stieß sie, ohne mit der Wimper zu zucken, in den glühenden Schlund.
Doch seine Mordtat sollte nicht lange ungestraft bleiben. Schnell kam in der alten Hansestadt das Sühnegericht zusammen. Der Gutsbesitzer wurde zum Tode verurteilt. Weil es sich um eine besonders schlimme Tat handelte, sollte das Urteil durch Vierteilen erfolgen. Nicht weit von der alten steinernen Biggebrücke, auf dem Weg zur Waldenburg, befand sich der Gerichtsplatz. Vier schwere Zugochsen standen bereit und viele Schaulustige säumten den Weg und die Wiese, wo der Gutsbesitzer hingerichtet werden sollte. Seinem letzten Wunsch gemäß wurde der Übeltäter mit seiner eigenen Kutsche zum Gerichtsplatz gefahren. Zwei weißgraue Apfelschimmel aus seinem Besitz zogen die Kutsche. Noch kurz vor der Vollstreckung sagte er zu seiner weinenden Frau: „Sorge dich nicht. Noch bevor du zuhause bist, stehe ich in unserer Küche und rühre den Brei“. Dann wurde er mit seinen Beinen und Armen an je einen der Ochsen gebunden. Der Richter gab ein Zeichen und die Ochsen wurden in die vier Himmelsrichtungen auseinandergetrieben. So fand der Gutsbesitzer von Dahlhausen sein verdientes Ende.
Betrübt ging seine Frau gegen Abend nach Hause. In der Hofeinfahrt erblickte sie die vom Herdfeuer erleuchtete Küche. Der Feuerschein zeichnete den Umriss eines dunklen Schattens und sie erkannte ihren Mann. Er rührte, wie er schon angekündigt hatte, am Herd den Brei. Doch als sie näher hinging, da war ihr Mann verschwunden und auch der Herd war kalt. Von diesem Jahr an spukte es im alten Gutsgebäude. Ketten klirrten in Ställen, in denen kein Vieh stand, Hunde bellten, wo keine Hunde waren, und es passierten immer mehr seltsame Dinge. Ein Pater aus dem benachbarten Franziskanerkloster zu Attendorn konnte den Geist des Mörders auf den nahegelegenen Hahnenberg verbannen. Jedoch durfte der Geist seiner alten Wirkungsstätte jedes Jahr einen Schritt nähertreten. Sobald er das Gut aber erreichen würde, sollte es für alle Zeiten untergehen. Es vergingen einige Jahrhunderte, da brannte das Gut bis auf die Grundmauern ab. Die Zeit entsprach exakt der Entfernung zum Hahnenberg.
Seitdem ist der Spuk erloschen, könnte man meinen. Das Gut wurde wieder errichtet und heute wohnen nette Menschen als Eigentümer in diesem stattlichen Haus. An manch lauschigen Sommerabend sitzt der neue Inhaber auf der Bank vor seinem Haus. Gern erzählt er den Wanderern oder den Kindern aus der Nachbarschaft diese doch so grausige Geschichte. Manchmal hört man dann angeblich das Klirren von Viehketten und das Bellen von Hunden. Aber von einem Spuk will er nichts mehr wissen. Eines ist jedoch sehr merkwürdig. Seit der Bluttat bleiben keine Schimmelpferde auf dem Hof lange am Leben. Der Hofbesitzer hatte sich gegen alle Mahnungen ein solches Pferd angeschafft. Die ersten Wochen schien es, als habe der Fluch keine Kraft mehr, doch dann geschah das Unglück: Der Gaul brach sich beim Überspringen eines Wassergrabens den hinteren Huf und musste von einem Tierarzt eingeschläfert werden. Dazu kann sich jetzt jeder seine eigenen Gedanken machen. Fluch, Sage oder einfach nur ein „Vertelleken“?
Vielleicht ist ja doch etwas dran, an der Sage vom bösen Gutsbesitzer von Dahlhausen.
Text: Peter "Pittjes" Höffer, Attendorn
Aus: "Sauerländer Sagenschätze" (Michael Martin & Karin Hessmann), WOLL-Verlag
Foto: Gut Dahlhausen 1974, Stadtarchiv Attendorn
Gut Dahlhausen auf Wikipedia