#16 Vätte

Erdbauer – Gnom – Grauwicht

Viele Naturwesen sind menschenscheu und halten sich vorzugsweise in dunklen Wäldern oder einsamen Bergen auf, weit entfernt von jeder Zivilisation. Die Vätter hingegen mögen die Nähe des Menschen und fühlen sich zu Höfen und Dörfern hingezogen. Sie leben unter der Erde und werden darum Erdbauern genannt. Ihre Wohnungen befinden sich häufig in der Nähe eines Hofes, unter den Wurzeln eines großen Baumes oder unter dem Kuhstall. Manchmal sogar unter dem Wohnhaus, und dann mit Vorliebe unter einer Feuerstelle. Nachts kommen die Vätter aus ihren Höhlen und tanzen auf dem Herd.

Trotz ihrer Verwandtschaft mit den Wichteln und Kobolden sind sie keine Einzelgänger. Vätter leben in Großfamilien, ungefähr so wie die Menschen. In der Regel sind sie grau oder schwarz gekleidet und sehr klein, nicht größer als Ratten. Obgleich sie in der Nachbarschaft von uns Menschen leben, zeigen sie sich äußerst selten. Sie bleiben lieber unter sich und stören uns nicht, solange wir sie ebenfalls in Ruhe lassen. Aber wegen der Nähe der Lebenswelten lassen sich Konflikte nicht immer ganz vermeiden. Das die Vätter für Naturwesen jedoch außergewöhnlich geduldig sein, versuchen sie Streitigkeiten stets im Gespräch zu lösen.

Ein häufiger Konflikt ist beispielsweise, dass Menschen von den Vättern aufgefordert werden, einen Stall zu versetzen, weil die Ausscheidungen der Pferde ständig auf ihren Esstisch tropfen. Bemühen sich die Menschen, das Problem schnell aus der Welt zu räumen, werden sie oft von den Vättern belohnt und haben fortan Glück mit den Tieren. Die Belohnung kann in Form einer Gabe kommen, die auf dem ersten Blick etwas befremdlich oder alltäglich aussieht: eine Handvoll trockener Blätter oder ein paar trockene Stöckchen. Aber wer die Ermahnung der Vätter ernst nimmt, gut auf die Gaben aufzupassen, wird bald feststellen, dass sie sich in Goldmünzen oder Edelsteine verwandelt. Die meisten Vätter sind im Großen und Ganzen freundlich, aber einige wenige können sehr gemein, garstig und diebisch sein. Diese Exemplare werden auch Teufelsvätter genannt.

Vätter weisen oft Züge von Tieren auf, die in der Nähe von Menschen leben: von Mäusen, Ratten, Kröten oder Igeln. Wenn sie sich tarnen möchten, können sie auch ganz die Gestalt dieser Tiere annehmen. Findet man auf dem Grundstück eine außergewöhnlich große Kröte, sollte man sie dabei mit äußerstem Respekt behandeln, weil es sich durchaus um einen getarnten Vätter handeln könnte, der nicht gestört werden will.