Seit fünfundzwanzig Jahren spannt sich die Schrägseilbrücke über die Lahn, still und elegant im Schatten der alten Lubentiusbasilika. Tagsüber wirkt sie harmlos — ein filigranes Bauwerk, das Dietkirchen und Eschhofen verbindet. Fußgänger und Radfahrer überqueren sie, ohne zu ahnen, was unter ihnen fließt.
Denn tief unter den Bohlen, zwischen den Rohren der Abwasserleitung, fließt mehr als nur Schmutzwasser.
Als die Brücke gebaut wurde, erzählten die Arbeiter von seltsamen Dingen. Werkzeuge verschwanden, obwohl niemand auf der Baustelle war. Nachts hörte man das Läuten der Basilikaglocken — doch die Kirche war längst verschlossen. Und manchmal, so sagten sie, stieg aus der Lahn Nebel auf, der nach Fäulnis und altem Weihrauch roch.
Ein alter Ingenieur, der an den Plänen mitarbeitete, sprach nie wieder, nachdem er eines Nachts auf der Brücke etwas gesehen hatte. Seine Kollegen fanden ihn am nächsten Morgen am Ufer, die Augen weit geöffnet, die Hände um ein Stück Seil gekrampft. Auf das Metall der Brücke hatte er mit Kreide nur ein Wort geschrieben: „KRYPTEX“
Seitdem meiden die Einheimischen die Brücke nach Einbruch der Dunkelheit. Wer sie trotzdem überquert, erzählt von einem leisen Murmeln aus den Rohren, wie Stimmen, die aus dem Flussbett kommen. Manche sagen, es seien die Seelen der Ertrunkenen, die durch die Leitungen treiben, auf der Suche nach einem Weg hinaus.
Und wenn der Nebel dicht genug ist, kann man sie sehen — blasse Gestalten, die sich zwischen den Seilen der Brücke verfangen, als wollten sie hinauf in die Basilika, doch immer wieder zurückgezogen werden, tief unter die Lahn, dorthin, wo kein Licht mehr hinkommt.
So steht sie noch heute dort, die Brücke von Dietkirchen — eine Verbindung zwischen zwei Ufern. Und vielleicht auch zwischen dieser Welt und einer anderen.
Soweit die Vorgeschichte, aber gibt es das Kryptex überhaupt und wo sollte das sein?
Aus den alten Plänen ist zu entnehmen, dass die Anzahl der GFK-Planken auf der Brücke etwas mit dem vermeintlichen Standort zu tun haben könnte.
Aber obwohl diese modernen Planken erst 2016 verlegt wurden, hatte man doch auch Kenntnisse früherer Zeit, wie sonst ist die genaue Anzahl der Planken zu erklären.
