Ein Haufen Arbeit wartete auf mich... Meine Eltern hatten mir ihr
Haus übereignet und sich nun endgültig in ihr französisches
Landhaus zurückgezogen.
Mein Vater, von dem ich meine Leidenschaft für alles Lesbare geerbt
habe, hatte mir kistenweise Bücher und Manuskripte zum Sortieren
hinterlassen.
Er kann bis heute an keinem Antiquariat vorbeigehen, ohne nicht
wenigsten einen kurzen Blick hineinzuwerfen. Und meistens kommt er
dann nach Stunden strahlend mit einer kleiner raschelnden
Papiertüte wieder heraus, in der sich ein neuer Schatz für seine
Sammlung befindet.
Nun wollte ich endlich Ordnung in das Chaos bringen und
verbrachte meine Abende mit der Katalogisierung seiner Funde.
Allerdings, wenn ich ehrlich bin, endete das Ganze meistens damit,
dass ich mich irgendwo festlas.
Anstatt die wunderschön gebundene Erstausgabe von Flaubert ins
Regal zu räumen, war es doch viel spannender, noch mal Madame
Bovary auf ihren Kutschfahrten zu begleiten oder sich mit einer
Tasse heisser Schokolade bewaffnet, den vergnüglichen Verwicklungen
um Elizabeth Bennet und Fitzwilliam Darcy zu widmen.
So geschah es immer häufiger, dass ich irgendwann nachts wach
wurde und feststellte, dass ich mal wieder über einem romantischen
Wälzer im grossen Lehnsessel eingeschlafen war.
Was auch an jenem Abend geschehen ist. Ich hatte mich grade in
Thornfield Hall von Mr. Rochester in die Arme schliessen lassen,
als ich abrupt wach wurde und einen Zettel auf meinem Schoss fand,
der aus dem Buch gefallen sein musste.
Auf diesem war eine Zahlenfolge notiert:
15-48-1-95-95-17 89-7-31-32 54-19-11-8-1-29 8-61-39
89-99-51-51-30-8 139-6-51-1-2 24-67-2 84-99-60-46-108 70-54
110-5-31-32-102-113-61-80 21-25-35-63-98.
Was sollte das sein?
Ich begann das Buch genauer zu inspizieren und fand einen Bogen,
der so kunstvoll in den Einband geschoben worden war, dass man ihn
nur mit äußerster Vorsicht ablösen konnte.
Es war ein Gedicht, in kyrillischen Buchstaben abgefasst.
Auf der Rückseite fand ich eine handschriftliche Notiz
Nehmt diese acht Strophen eines poetischen Gebildes eines eurer
Landsmänner,
hier so geschrieben, wie es mich mein Vater gelehrt hat.
Versucht die Übertragung und findet so die ursprünglichen
Zeichen.
Erinnert Euch im Zweifel an die Vertonung. Sucht sie als Opus
1.
Habt Ihr es gefunden, befreit es von allem
Überflüssigen.
Beginnt ganz am Anfang und benutzt es in seiner reinen
Essenz.
In tiefer Verbundenheit XXX
Sollte das Eine etwas mit dem Anderen zu tun haben?
Die Handschrift schien mir sehr ähnlich, mit grossen, weiblich
anmutenden schwungvollen Bögen.
Meine Neugier war geweckt. Immer wieder nahm ich mir die beiden
Papiere vor, bis ich endlich verstand.
Würde man den Inhalt der Nachricht in die heutige Zeit übertragen,
dann ergäbe sich diese Abfolge:
20-34-31-32-51 142-122-123 29 95-348-65-95 74-169-245-281
74-169-84-3 30-300-301-71 595-37-122-123 1-7-6-20 74-169-245-3 1
30-300-301-71 49-43-79-109 595-37-122-123 66-26-108-7
24—134-47-148 46-91-213-214.
Was war das nur für ein Ort?
Und was war damals dort geschehen?