Streicher sitzt in einer dunklen Ecke des Gasthauses „ Zum
tänzelnden Pony “, eins der wenigen Dinge von Bree, die über
die Grenzen hinaus bekannt sind. Ja, er wird von den Menschen und
dem kleinen Volk gefürchtet, und das ist auch gut so. Weiß er
schon, welches Schicksal ihm bevorsteht und welche Rolle der
ungeschickte Herr Unterberg auf seinem Weg zum Thron von Mittelerde
spielen wird? Die Musik spielt laut und das Bier fließt in Strömen.
Aufgrund des regen Treibens im Wirtshaus bemerkt niemand das
Herannahen der schwarzen Reiter – der Ringgeister.
Der Lärm aus dem Wirtshaus lässt mich hochschrecken. Verwirrt
blicke ich mich um. Ah, der Lärm kommt wahrscheinlich aus den
beiden Gasthäusern. Oder sind es die französischsprachigen
Schulkinder, die gerade vorbeilaufen? Trotzdem kamen mir die
Geräusche fremdartiger vor - aber es kann ja nicht sein, dass ich
Geräusche aus dem Buch höre, oder? Egal, ich kann die Augen nicht
von den Zeilen des roten Buches lassen und irgendeine magische
Kraft leitet mich auf meinem Weg – denn einem Ziel steuere ich
nicht bewusst zu, ich möchte nur wieder in das wunderbare
Mittelerde eintauchen.
Streicher - auch Aragorn, Erbe Isildurs genannt - führt die
Hobbits und den schwer verletzten Frodo – eine vergiftete Klinge
des Hexenkönigs von Angmar hat ihn an den Rand des Todes – nein,
viel schlimmer – fast in die Hände Saurons getrieben – weiter. Doch
die Ringgeister sitzen ihnen im Nacken weshalb sich der Elb
Glorfindel von den Gefährten trennt und versucht auf seinem weißen
Pferd Asfaloth den Hobbit Frodo in Sicherheit zu bringen. Wird nur
rechtzeitig die Bruinen-Furt erreicht, so ist die Rettung da. Und
siehe, trotz der Übermacht der dunklen Reiter überquert Glorfindel
mit Frodo die Furt, bevor das unbändige Wasser die verfluchten
Rösser hinwegspült.
Voller Panik und Angst vor den Ringgeistern nehme ich mein Buch
unter den Arm. Auch ich spüre die Ringgeister und laufe ein paar
Meter Richtung Süden. Plötzlich fühle ich mich erlöst, denn hoch
über mir beschützt mich eine steinerne Statue, während ein
glänzendes „M“ auf dem Sockel wärmendes Licht entgegenstrahlt. „M“
wie Mithrandir? Eine Zeit lang halte ich mich noch an diesem
geheiligten Ort auf und sehe, dass diese Kapelle dem heiligen
Peregrin geweiht ist. Peregrin Tuk, einer der Gefährten – das kann
kein Zufall sein, nach einigen bangen Sekunden traue ich mich
weiter zu lesen, unwissend, wohin mich der Weg führt.
Soviel hatten sie schon überwunden und doch, das Schicksal
Mittelerdes hängt an der für Normalsterbliche unmöglichen Mission
des Hobbits Frodo, der den Ring, den Einen, vernichten will. Und
während der Hobbit das Unglaublichste wagt schwinden nun die Kräfte
der vereinigten Armee von Menschen und Elfen gegen die schier
unglaubliche Übermacht der dunklen Horden Sarumans, welche das
letzte Aufgebot der Menschen in Helms Klamm bedrängen. Doch als
Aragorn ein Leuchten am Horizont erblickt, fasst er wieder Mut,
denn der weiße Reiter Gandalf hat die Heerscharen des Pferdevolks
mobilisieren können und leisten Entsatz gegen die geschwächte Armee
des Guten. Aragorn, der König der Menschen blickt empor zu den
hohen Mauern von Helms Klamm und atmet tief durch.
Ich höre diesen tiefen Seufzer und erwache abermals aus meinem
Traum. Während ich mir noch einrede, dass der Seufzer von mir
selbst kommt und nicht von Aragorn, blicke ich wie er empor gegen
Westen und - vor mir ragt eine riesige Burg. Nein – das ist
nicht möglich. Wer leitet meinen Weg? Ich kann nicht mit den
Gefährten verbunden sein. Es ist doch nur ein einfaches Buch. Aber
was, wenn nicht? Ich schlage die nächste Seite auf und gebe mich
meinem Schicksal hin.
Die dunkle Armee Sarumans ist besiegt, ebenso die Armee
Saurons. Doch findet Sauron den Einen Ring, so wird alles umsonst
gewesen sein. Frodo hat bis jetzt Gewaltiges geleistet, doch nun
benötigt er die Hilfe Aragorns, der die verbleibende menschliche
Armee zum Schwarzen Tor Mordors führt. Vielleicht lässt sich Sauron
von der Bedrohung des Erben Isildurs ablenken und vergisst die
Suche nach dem unscheinbaren Hobbit. Als Aragorn den unförmigen
Torbogen erreicht sieht er den Dunklen Turm von Barad-dur und
hört einen lauten Schrei.
Es ist mein Schrei, denn ich stehe bei dem unförmigen Torbogen
der sich aus drei massiven, gebogenen Säulen - jede mehr als
doppelt so hoch sind wie ein Mann - und starre zu dem Turm
hinauf. Muss ich den Schatz an mich nehmen und Mittelerde zu
retten? Eine unsichtbaren Gestalt nähert sich und ich vernehme
leise Stimmen, die „ … mein Schattzzsssss …“ heißen könnten. Noch
immer stehe ich in dem Torbogen, schaue nach unten und greife zu
dem Schatz, bevor der Unsichtbare ihn erhält - und wieder, bis zum
nächsten Finder, ist Mittelerde gerettet.