Was geschieht eigentlich mit einem Baukran, wenn er nicht mehr gebraucht wird? Nun, meistens baut man ihn an der alten Baustelle ab und an der neuen Baustelle wieder auf. Irgendwann ist aber ein solches Gerät wegen Verschleiß oder irreparabler Schäden nicht mehr wirtschaftlich einsetzbar. Auch gesteigerte Sicherheitsvorschriften oder leistungsfähigere Neugeräte beenden schlagartig die Karieren auch solcher Giganten. Auch hier gilt: Das Bessere ist der Feind des Guten!
Meistens enden ausgediente Baukräne beim Brennschneider auf dem Schrottplatz. Von den einst stolzen Helfern des Wiederaufbaus aus den Firmen PEINER, LIEBHERR, KÖNIG o.a. existieren nur noch wenige Geräte auf Firmenbauhöfen, Werften oder bei Enthusiasten. Nicht jeder hält alte Baumaschinen für Industriedenkmäler, die auch erhaltenswert sein können.
Dieser Kran in der Nähe des Bahnhofs Oberursel wurde sehr ungewöhnlich „recycled“. Offenbar handelt es sich dabei um die Reste eines Schnellbaukrans der Baureihe "K" des Herstellers LIEBHERR. Statt ihn kompletten mit dem Brennschneider zu zerlegen, wurden am Kran lediglich das Auslegersystem demontiert und der Drehbühnenballast reduziert. Der Kranmast diente als Träger für eine Mobilfunkantennenanlage. Drei Sektorantennen sind noch auf Höhe der ehemaligen Kranführerkabine erkennbar. Die zugehörige technische Ausrüstung der Base Transceiver Station (BTS) befand sich in einem kleinen weißen Normcontainer direkt neben dem Kranfundament. Die Baureihe "K" wurde in verschiedenen Lastklassen gebaut und verkaufte sich bis in die 1990er Jahre hinein sehr gut. Sie war ein vertrauter Anblick auf vielen Baustellen während des Bau- Booms nach der Wiedervereinigung und einige Geräte dieser Reihe sind auch bis heute in Gebrauch. Schnellbaukran bedeutet, dass der Kran sich mit eigenen Geräten, ohne Hilfe durch andere Kräne, selbst aufrichten und betriebsfertig machen kann. Erkennbar ist das auch am teleskopierbaren Mast. Binnen weniger Stunden ist ein solches Gerät einsatzbereit. Aufgesattelt auf einem abnehmbaren Fahrgestell, konnte der gefaltete Kran ansonsten wie ein Anhänger auf der Straße von einem Lkw gezogen werden und so schnell zu anderen Baustellen gebracht werden.Mir ist dieser Kran erstmalig im April 2013 aufgefallen und die Vorgeschichte war mir nicht bekannt. Offensichtlich dient der recycelte Kran als Ersatzstandort für die Antennenanalage auf einem Bürogebäude, das inzwischen abgerissen wurde. Auf dem Abbruchgelände wurden zwischenzeitlich drei Wohnhäuser errichtet, bei deren Bau ebenfalls zwei K- Kräne zum Einsatz kamen. Vor einiger Zeit ist mir allerdings aufgefallen, dass der Base-Transceiver-Station- Container abgeräumt, die HF- Leitungen zu den Sektrostrahlern durchtrennt und die Strahler selbst demontiert wurden. Damit dürfte das zweite Leben des Baukrans als Antennenträger auch bald zuende sein...